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Die SPÖ rückt ihr Europabild zurecht

Von Brigitte Pechar

Politik

SPÖ-Vorsitzender wehrt sich gegen Populismusvorwurf. | Volles Bekenntnis zum europäischen Projekt. |


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Alle Teilnehmer und Diskutanten waren bemüht, den Populismusvorwurf, der in den vergangenen Wochen aufgekommen war, zu entkräften. Kritik an der Politik der EU bedeute nicht, dass die Union selbst in Frage gestellt werde, betonte Gusenbauer. Vielmehr seien die konservativen Regierungen - und im Besonderen die Regierung Schüssel - in die Pflicht zu nehmen. Es herrsche eine soziale Schieflage in Europa: 32 Millionen Arbeitssuchende, fast 400.000 Arbeitslose in Österreich, niedriges Wirtschaftswachstum, auseinander gehende Einkommensschere, ein überhasteter Erweiterungsprozess und ein Mangel an Vision kennzeichne die Europäische Union von heute.

Börsengang der Post zum falschen Zeitpunkt

Ein Beispiel für die Fehler im eigenen Land ist für Gusenbauer die Postprivatisierung. Die Post, die den schwierigen Transformationsprozess geschafft habe und derzeit ein gewinnbringendes Unternehmen sei, werde nun an die Börse gebracht - zum falschen Zeitpunkt. Nicht dazu, um sich - wie etwa die Erste Bank - frisches Geld an der Börse für eine Akquisitionstour in Mitteleuropa zu holen. "Die Regierung verwendet den Verkaufserlös, um Budgetlöcher zu stopfen", kritisierte Gusenbauer. Das werde das Zusperren weiterer Postämter und eine Personalreduktion zur Folge haben und sei die Vorbereitung zur Übernahme der Post. Das würde den Menschen von der Regierung aber nicht gesagt, diese versuche, die neoliberale Ausverkaufspolitik zu verschleiern. (Seite 25)

"Mit einem neoliberalen Weg ist die Zukunft Europas nicht zu machen", betonte Gusenbauer und bemühte einmal mehr das Wort vom "Kurswechsel": "Die Europäische Union und Österreich brauchen einen sozialen Kurswechsel."

Der Start der österreichischen EU-Präsidentschaft war für Gusenbauer denn auch ein Fehlstart. Was für ihn nicht weiter verwunderlich sei: Wie solle sich die ÖVP auf EU-Ebene für die Schaffung von Arbeitsplätzen einsetzen, wenn sie in Österreich nicht bereit sei dazu.

Gusenbauer nannte Messlatten für die Präsidentschaft: Maßnahmen gegen Steuerdumping, faire Standards im Arbeitsleben (etwa Bestimmungslandstatt Herkunftslandprinzip bei der Dienstleistungsrichtlinie), Sicherung des freien Hochschulzugangs in Österreich, Verhinderung einer Renaissance der Atomenergie.

SPÖ-Vorgaben an die EU erläuterte Europasprecher Einem: eine europaweite Körperschaftssteuer, eine europäische Tobin-Tax und verstärkte Zukunftsinvestitionen.