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Ist man einmal im Visier der Fahnder, ist guter Rat teuer. | Software-Programm berechnet Ausgaben. | Wien. Wer ins Visier der Steuerfahnder gerät, muss mit strengen, teuren und langwierigen Untersuchungen rechnen. Als potenziell anfällig für "Schwarzumsätze" gelten den Behörden alle Unternehmen, die dem Konsumenten ihre Leistungen direkt anbieten. "Hochrisikobranchen" sind die Gastronomie und die Bauwirtschaft. Jeder Betrieb muss mit drastischen Konsequenzen rechnen, erfüllt er nicht die strengen Aufzeichnungspflichten der österreichischen Bundesabgabenordnung. So wird die Finanz ziemlich sicher ihre gefürchtete Schätzbefugnis ausspielen, wenn Belege und Aufzeichnungen fehlen oder Mängel haben.
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Überschreiten oder vergessen Unternehmer regelmäßig ihre steuerlichen Fristen, schreien sie geradezu nach einer Betriebsprüfung. Diese hat nicht selten hohe Steuernachzahlungen zur Folge. Deutliche Vorteile hat hingegen jener Steuerpflichtige, welcher alle Aufzeichnungen ordnungsgemäß führt und seine Abgaben pünktlich an den Fiskus überweist. Er kann damit rechnen, bei Prüfungen mit geringen Nachforderungen davonzukommen. Das beweisen interne Statistiken der Finanz.
Alles einzeln festhalten
Das Betrugsbekämpfungsgesetz schreibt vor, dass sämtliche Bareinnahmen und Barausgaben täglich einzeln festzuhalten sind. Denn die Finanz will bei Bedarf überprüfen können, ob alle Geschäfte vollständig, richtig und lückenlos erfasst sind. Die Betriebsprüfer verwenden nämlich eine neue, besonders datenhungrige Software, um verdeckte Umsätze aufzuspüren.
Prüfsoftware à la Benford
Die "Waffe" Prüfsoftware fußt auf bestimmten mathematisch-statistischen Ansätzen, welchen eine Theorie zugrunde liegt, deren Kern das Benford'sche Gesetz bildet. Diesem zufolge unterscheidet sich die Häufigkeit erfundener Zahlen signifikant von jener zufällig im Wirtschaftsleben entstandener Werte. Aus diesem Grund sind die Betriebe gesetzlich dazu verpflichtet, alle entsprechenden Daten auf CD oder DVD bereitzustellen.
Was genau aber besagt das Benford'sche Gesetz? Alle "zufälligen" Zahlen kommen mit gleicher Häufigkeit vor. Bei einer Endziffernanalyse müssen daher in einer Reihe von Tageslosungsumsätzen alle Einser, Zweier, Dreier mit ähnlicher Häufigkeit vorkommen ( - sofern die Anzahl an Einzeldaten hoch genug ist). Manipulierte Zahlen hingegen weisen eine nicht erklärbare Kumulation von "Lieblingszahlen" des Erfinders auf.
Zweites Angriffsmodell
Noch einen zweiten Pfeil hat die Finanz im Softwareköcher: die Verteilungsrechnung. Dahinter steckt die Annahme, dass sich alle Tagesumsatzzahlen über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg annähernd so verteilen, wie es der sogenannten Gauß-Normalverteilung entspricht.
Wenn Sie nun kein Mathematikexperte sind, trösten Sie sich: Ihr Betriebsprüfer ist es ebenso wenig, und trotzdem muss er in vielen Fällen die mathematisch-statistischen Kontrollrechnungen durchführen.
Beweis der Unschuld
In manchen Fällen gibt es selbstverständlich begründbare Abweichungen vom theoretischen Modell. Das hilft Ihnen aber leider nicht. Sie geraten in jedem Fall in Erklärungsnotstand, wenn die Prüfer Ihre Aufzeichnungen mit der Spezialsoftware durchleuchten und das Ergebnis nicht plausibel scheint. Kommen dann noch formelle Mängel hinzu - Rechnungen oder Beilagen fehlen, Rechnungsnummern weisen Lücken oder Doppelbelegungen auf -, hat die Finanz in einem Rechtsstreit über die Höhe der Steuernachforderungen die besseren Karten.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.