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Die Debatte um eine Abschaffung des Bundesrates schlägt politisch hohe Wellen, auch wenn es inhaltlich ein eingefrorener Posthornton ist. Gar keine Wellen, obwohl viel gravierender, hat bei den betroffenen Politikern die Berechnung der Statistik Austria über die Entwicklung der Städte ausgelöst.
Deren Quintessenz: Der Zuzug in die Städte hält auch in Österreich unvermindert an, sie entwickeln sich immer deutlicher zu Ballungsräumen. Allein diese Binnenwanderung bescherte Wien seit 2003 um 10 Prozent mehr Einwohner, die Umlandgemeinde Gänserndorf wuchs sogar um 30 Prozent. Nichts gegen den Bezirk, aber der Grund für das Wachstum heißt Wien. Die Entwicklung gilt auch für Linz und Graz und deren Umlandgemeinden. In den Städten wächst zudem die Zahl der Ein-Personen-Haushalte, am stärksten ist die Diskrepanz zwischen Linz und Oberösterreich. Auf dem Land bleiben die Alten.
Im wahren Leben ginge es also längst nicht mehr um den Bundesrat und Landeshauptleute-Konferenzen, sondern darum, wie die öffentlichen Körperschaften auf diese Entwicklung reagieren. Das tun sie nämlich so gut wie gar nicht. Gemeinde-, Bezirks- oder Landesgrenzen haben in den Ballungszentren an Bedeutung eingebüßt. Die Bevölkerungsverteilung würde es notwendig machen, den Ballungsraum Wien auch einheitlich zu definieren, selbst wenn er tief nach Niederösterreich hineinreicht. Öffentlicher Verkehr, Raumordnung, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen - die gesamte Infrastruktur und ihre Finanzierung müssten sich neu organisieren.
Doch wo wird gemeinsam darüber nachgedacht? Es ist ja nicht einmal möglich, die beiden Verkehrsverbünde, die Wien, Niederösterreich und das Burgenland umspannen, enger zusammenzuführen. Auch Linz führt einen aussichtslosen Kampf, wenn es nicht gelingt, das oberösterreichische Umland mitzuorganisieren. Die täglichen Staumeldungen rund um die Stadtgrenze beweisen dies nachdrücklich.
Die Politik negiert den Sog, den Städte auf hunderttausende Menschen ausüben, hartnäckig. Existierende Konzepte bleiben in der Schublade, weil ihre Umsetzung inhaltlich und parteipolitisch manchen zu anstrengend sind. Landtage und Landesregierungen denken viel lieber über 61 Bundesratsabgeordnete nach, da kann die Bevölkerung wandern, wie sie will . . .