Weiß-grünes Laboratorium: Mit "Geist&Gegenwart" hat sich in diesen Tagen in der Steiermark eine Denk-Schmiede etabliert, die an eine lange Tradition des Landes anknüpfen will. Bekannt als steirischer Weg des Miteinanders, will sich die historische Grenzregion am Schnittpunkt von vier europäischen Kulturkreisen als Brückenbauer und geistiges Zentrum der EU-Zukunftsregion Südost profilieren.
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"Die Entdeckung Europas" - so lautete das Generalthema des heuer zum ersten Mal veranstalteten Symposiuns "Geist&Gegenwart", das am heutigen Samstag in Schloss Seggau bei Leibnitz in der Südsteiermark zu Ende geht. Im Mittelpunkt dabei die alte Grundsatzfrage nach den kulturellen, sozialen und politischen Grenzen Europas - und damit nach den Identitäten von Gemeinschaften und Individuen.
Die Tatsache, dass am vergangenen Mittwoch die Ratifizierung der EU-Verfassung im Nationalrat fast einstimmig erfolgte, nahm Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in Seggau zum Anlass, von einem "zweiten Staatsvertrag" und von einem "vorläufigen Höhepunkt im europäischen Einigungsprozess" zu sprechen. Schüssel: "Vor fünfzig Jahren haben wir die Freiheit von den Besatzungsmächten bekommen. Jetzt ist es die Freiheit für uns, an einem friedlichen, sozialen und demokratischen Europa mitzuwirken." Bereits durch die EU-Erweiterung 2004 haben sich die Grenzen des gemeinsamen Europa verschoben und auch in Zukunft werden sich diese verändern. "Die EU ist ein Friedensprojekt. Und dieses Friedensprojekt soll auf den Balkan ausgedehnt werden" , sieht Schüssel große Chancen für Österreich.
Signalwirkung hat für den langjährigen deutschen Außenminister und Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher die überwältigende Mehrheit für die EU-Verfassung im österreichischen Parlament. Genscher, der als prominenter Gastreferent in der Südsteiermark weilte: "Ich hoffe, die Botschaft aus Wien kommt in Berlin an." Auch in Frankreich, wo am 29. Mai ein Referendum über die EU-Verfassung abgehalten wird, rechnet Genscher mit einem positiven Votum für ein gemeinsames Europa. "Die Franzosen werden Ja' sagen, denn die Menschen werden begreifen: Hier geht es um Europa."
Das Symposium in der Steiermark dauerte von Mittwoch bis heute, Samstag, und hat bewusst eine gegenüber sonstigen Kongressen freiere Form der Begegnung konzipiert. Die Workshop-Nachmittage am Donnerstag und Freitag legten als "Geistige Stammtische" eine anti-hierarchische Grundhaltung an den Tag. Die Gastreferenten - rund neunzig Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien aus ganz Europa waren auf Schloss Seggau anwesend - verlasen keine Patentrezepte, sondern boten den Teilnehmern die Möglichkeit, selbstständig Gedanken für ein Europa von morgen zu entwickeln.