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Industrie will 500 Millionen aus neuer Grundsteuer und damit Einkommenssteuer senken.
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Wien. So amikal das "Kanzlerduell" am Montag Abend war, am Ende des Wahlkampfes werden im Streit um neue Vermögenssteuern die Fetzen fliegen. Die ÖVP wird ihre Leute von Tür zu Tür schicken, um den Bürgern persönlich vorzurechnen, was ihnen durch die "Faymann-Steuern" droht. Die SPÖ im Gegenzug wird daran erinnern, dass sie mit ihrer Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer nur die Millionäre treffen will und die ÖVP als Beschützer eben dieser "G’stopften" darstellen. Und sie wird darauf hinweisen, dass Vermögen in Österreich vergleichsweise niedrig besteuert werden (siehe Grafik).
Was unerwähnt bleibt: Sollten Rot und Schwarz wieder eine Regierung bilden, wonach es aussieht, könnten sie ganz amikal und geeint für höhere Vermögenssteuern sorgen. Gemeint ist nicht die "Faymann-Steuer", sondern die Grundsteuer, die jeder Immobilienbesitzer zahlt (und oft an die Mieter über die Betriebskosten weitergibt). Der Immo-Tycoon zahlt sie genauso wie der Zinshäusler oder Schrebergärtner.
Erodierte Grundsteuer
Die Grundsteuer ist der Grund, warum Österreich im Vermögenssteuer-Ranking so weit abgeschlagen ist: Denn die Basis, von der aus sie berechnet wird, die sogenannten "Einheitswerte", wurden seit den 70er Jahren nur minimal angepasst und sind meilenweit von dem echten Marktwert der Immobilien entfernt.
In Folge eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) müssen diese Einheitswerte bis Mai 2014 überarbeitet werden - und das kann eigentlich nur heißen: erhöht. Dann würde aus der Grundsteuer oder eben Vermögenssteuer mehr Geld sprudeln. Im Jahr 2010 wurden 690 Millionen Euro eingenommen - bei einem geschätzten Immo-Vermögen von 690 Milliarden Euro.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) forderte 2006 eine höhere Grundsteuer. Im Gegenzug sollte die rekordverdächtig hohe Steuer auf Arbeit gesenkt werden. Die möglichen Mehreinnahmen aus der Grundsteuer bezifferte Wifo-Chef Karl Aiginger einst mit einer bis zwei Milliarden Euro.
Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller sagt aber auch dazu: "Man muss verhindern, dass die höhere Grundsteuer auf Mieter mit niedrigen Einkommen übergewälzt wird." Klar, von der steuerlichen Entlastung bleibt wenig übrig, wenn parallel dazu die Mieten nach oben schnalzen.
In der aktuellen Debatte um den Standort (siehe Seite 10) warnen ÖVP und Wirtschaft vor neuen Steuern, weil das Firmen aus Österreich vertreibe. Die Grundsteuer gilt aber als wenig schädlich für die Wirtschaft, zeigen internationale Studien. Das sieht wohl auch die Industriellenvereinigung (IV) so. Am Dienstag sprach sich beim Forum Alpbach IV-Präsident Georg Kapsch für eine Reform der Grundsteuer aus. Das soll in seiner Rechnung 500 Millionen Euro mehr einbringen.
Schert die Industrie jetzt aus der Front gegen Vermögenssteuern aus? "Vermögenssteuern sind tabu - mit einer Ausnahme: Der Grundsteuer", sagt Kapsch zur "Wiener Zeitung". Auch die IV würde im Gegenzug die Einkommensteuern senken - im Interesse des Wirtschaftsstandortes.
Hinter den Kulissen sind viele in der SPÖ und ÖVP einig, dass an der höheren Grundsteuer kein Weg vorbei führt. Offiziell verweist die SPÖ aber nur auf ihre Millionärssteuern. Die ÖVP sorgte sich bisher hauptsächlich um höhere Steuern für Bauern. Doch der Steuerertrag aus bäuerlichen Gründen macht fünf Prozent aus. Werden sie weiterhin geschont, wie im ÖVP-Wahlprogramm gefordert, ändert das an der Gesamternte für den Fiskus wenig.