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Die Stimmung ist am Tiefpunkt

Von Harald Breit

Gastkommentare
Harald Breit ist CEO des Beratungsunternehmens Deloitte Österreich.
© feelimage/Matern

Österreichs Unternehmen stehen massiv unter Druck.


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Arbeitskräftemangel, Teuerungswelle, Energiekrise: Die Herausforderungen, mit denen Österreichs Wirtschaft derzeit zu kämpfen hat, sind zahlreich. Die Sorgenfalten heimischer Führungskräfte werden tiefer. Mit dem Unternehmensstimmungsbarometer erhebt Deloitte jährlich die aktuelle Lage in Österreichs Unternehmen. Heuer haben im Oktober an der Umfrage 300 Führungskräfte teilgenommen.

Die Analyse zeichnet ein drastisches Bild: Die Stimmung ist an einem Tiefpunkt angelangt. Nahezu jedes Unternehmen ist von den Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine direkt oder indirekt betroffen. Vor allem die steigende Inflationsrate, die negative gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die unsichere Verfügbarkeit von Energie bereiten Kopfzerbrechen. Nur jedes zweite Unternehmen kann zudem die gestiegenen Energiepreise an Kundinnen und Kunden weitergeben, fast ein Viertel bleibt derzeit sogar zur Gänze auf den Mehrkosten sitzen. Als wäre das nicht genug, verschärft auch der anhaltende Arbeitskräftemangel die Situation. Sieben von zehn Betrieben nehmen diesen bereits verstärkt wahr. Die Folgen sind steigende Lohnkosten sowie die Tatsache, dass Aufträge zum Teil nicht mehr erfüllt werden können.

Angesichts dieser Herausforderungen legen die heimischen Betriebe erstaunlichen Pragmatismus an den Tag. Die Rekrutierung geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird durch Maßnahmen zur Arbeitszeitflexibilisierung sowie durch die Schaffung eines guten Arbeitsklimas forciert. Aber auch Gehaltserhöhungen, Erhöhungen der Einstiegsbezüge und andere finanzielle Anreize wie Teuerungsboni und Gutscheine zur Abfederung der Teuerung sind nötig, um Arbeitskräfte zu finden und zu halten. Die hohen Energiepreise werden so gut es geht durch gezielte Maßnahmen zum Energiesparen abgefedert.

So werden die Unternehmen hoffentlich durch die nächsten Monate kommen. Damit der Wirtschaftsstandort aber auch in den kommenden Jahren im internationalen Wettbewerb bestehen kann, braucht es mehr: Es liegt an den Führungskräften, nicht nur Schadensbegrenzung zu betreiben, sondern schon heute Vorkehrungen für die Zeit nach der Krise zu treffen. Das Vorantreiben von Innovationen und eine gute Stimmung in der Belegschaft sind für langfristigen Erfolg essenziell.

Gleichzeitig ist vor allem die Politik gefordert, wirksame Lösungen für all die brennenden Probleme zu finden. Ein neues System der Energiepreisfindung und gezielte Förderungen ohne Gießkannenprinzip etwa würden die negativen Auswirkungen der Energiekrise langfristig dämpfen. Und vor dem Hintergrund der sich vollziehenden demografischen Wende und des immer knapper werdenden Angebots an heimischen Arbeitskräften ist eine umfassende Strategie zur Reform des Arbeitsmarkts notwendiger denn je.

Die Zeiten sind herausfordernd - jetzt sind nicht voreilige, populistische Schnellschüsse gefragt, sondern kluge, bedachte Entscheidungen. Setzen wir uns ambitionierte Ziele und begreifen wir die aktuellen Krisen auch als Chance für einen grundlegenden Wandel. Nur so können wir die Zeitenwende erfolgreich meistern, Europas Wettbewerbsfähigkeit erhalten und last but not least den Wohlstand in Österreich sicherstellen.

Das Deloitte Unternehmensstimmungsbarometer ist unter www.deloitte.at/stimmungsbarometer nachzulesen.