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Die Gelassenheit, mit der in Österreich die steigenden Arbeitslosenzahlen zur Kenntnis genommen werden, ist bemerkenswert. Mittlerweile halten wir bei zumindest 430.000 arbeitswilligen Menschen ohne Job, das ist Rekord seit den 1950er Jahren. Bad News vom Arbeitsmarkt sind zur Routine geworden und werden auch so abgehandelt: nämlich routiniert. Man kann es mit der Gelassenheit übertreiben.
Dabei stimmt, dass die wirtschaftliche Großwetterlage nicht im Wiener Regierungsviertel zusammengebraut wird, sondern globalen Einflüssen unterliegt. Mindestens so wahr ist allerdings, dass es sehr wohl Räder und Rädchen gibt, an denen die Regierung (mit)drehen könnte - nationale wie europäische. Natürlich weiß die Politik, woran das System krankt - und zwar ungeachtet aller grundsätzlichen Unterschiede zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen. Aber im täglichen Klein-Klein der Verwaltungsarbeit scheut man wohl automatisch vor großen politischen Projekten zurück.
Arbeit ist für diejenigen, die Arbeitskraft zukaufen oder Arbeitskräfte einstellen, zu teuer. Und obwohl das so ist, bleibt denjenigen, die am Ende der Lohntabelle stehen, zu wenig, um mit einem Vollzeitjob das Auslangen zu finden - ohne weitere Transferleistungen wohlgemerkt. Das ist eine Demütigung, an die wir uns als Gesellschaft schon so sehr gewöhnt haben, dass wir sie nicht einmal mehr als das erkennen, was sie tatsächlich ist: ein unerträglicher Missstand. Mit der kürzlich beschlossenen Lohnsteuersenkung hat die Regierung immerhin einen - längst überfälligen - Schritt gesetzt. Weitere müssen folgen.
Gleichzeitig gilt es, Unternehmen die Schaffung neuer Jobs so einfach wie möglich zu machen. Die Regelungen für Arbeitgeber haben die Grenze zum Absurden überschritten. Mit dem - unerlässlichen - Schutz der Beschäftigten vor Ausbeutung und Sicherheitsrisiken haben etliche weniger zu tun als mit der Selbstrechtfertigung einer Verwaltungsbürokratie, die den höheren Zweck ihres Daseins aus den Augen verloren hat: Arbeitsplätze besser und sicherer zu machen, aber nicht sie zu verhindern.
Arbeitgebern das Leben zu erleichtern ist kein verdeckter Klassenkampf, sondern ureigenster Überlebensinstinkt jeder Regierung, die ihre politischen Sinne beisammen hat. Das, so sollte man glauben, wäre eigentlich ein lohnendes Projekt für eine große Koalition.