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"Die Stolpersteine sind geblieben"

Von Brigitte Pechar

Politik
Buchinger sieht Verbündete für Pflegesicherung durch Vermögenszuwachssteuer. Foto: Newald

Differenzen mit ÖVP nicht aufgelöst. | Größerer Wille zu Zusammenarbeit. | Verwaltungsreform könnte Mindestsicherung verzögern. | "Wiener Zeitung":Nach der Zustimmung der Länder zum Mindestsicherungs-Kompromiss scheint Ihr Herzensprojekt abgeschlossen zu sein. Könnte es noch scheitern? | Erwin Buchinger: Es ist fast über die Bühne. Zwar sind inhaltliche Differenzen mit den Ländern ausgeräumt, aber es gibt noch Detailfragen zur Abwicklung, vor allem an der Schnittstelle Arbeitsmarktservice (AMS) und Bezirkshauptmannschaft.


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Denn das wird nicht über den 15a-Vertrag mit den Ländern geregelt, sondern im Zuge der Verwaltungsreform. Auch wenn die Länder noch im zweiten Halbjahr dem 15a-Vertrag zustimmen, ist noch nicht gesagt, dass die Mindestsicherung mit 1. Jänner 2008 in Kraft tritt, weil die Verwaltungsfragen noch nicht geklärt sind.

Schmerzt es Sie, dass Sie den One-Stop-Shop beim AMS nicht durchgebracht haben?

Die jetzige Lösung (Anträge beim AMS, die Länder können sich aussuchen, ob die Auszahlung über das AMS erfolgt oder über die Sozialämter) ist nicht die beste, aber die zweitbeste.

Was sind Ihre nächsten großen Vorhaben?

Das erste sind die Langzeitversicherungsregelung und der Nachhaltigkeitsfaktor bei den Pensionen. Während die Hacklerregelung bis 2013 gesichert ist, gibt es bei der Nachhaltigkeit zwischen SPÖ und ÖVP noch keine Übereinstimmung. Teile der ÖVP wünschen sich nämlich eine automatische Anpassung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung mittels einer mathematischen Formel. Der Seniorenrat lehnt das ab mit der Begründung, dass das eine politische Entscheidung bleiben müsse.

Auf gutem Weg sind wir bei der Invaliditätspension.

Und das dritte große Vorhaben ist die Sicherung der Pflege mit den Schwerpunkten der langfristigen Finanzierung, der Angleichung der Länderbedingungen - Zugang, Qualität, Leistungen - und eine Verbesserung für Demenzkranke. Die bundesgesetzlichen Vorgaben dafür werden noch 2008 ins Parlament kommen, die 15a-Vereinbarung mit den Ländern läuft erst 2010 aus.

Ist die Pflegeversicherung ein Thema?

Die Pflegeversicherung wird als Alternative mitgedacht. Ich bin dafür, die Pflege aus der Vermögenszuwachssteuer zu finanzieren und habe dafür Verbündete wie Ferdinand Lacina, der in der Steuerreformkommission sitzt, und auch Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber.

Am Donnerstag ist das Treffen mit Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky zum Nichtraucherschutz ergebnislos zu Ende gegangen. Wird es ein völliges Rauchverbot in Lokalen geben?

Es war meine erste Verhandlungsrunde in dieser Frage. Mit einer Einigung war daher nicht zu rechnen. Die wird im Mai vorliegen. Es geht darum, Nichtraucher- und Arbeitnehmerschutz zu verbessern. Da bin ich nicht einbetoniert, sondern flexibel.

SPÖ-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser war bei den Verhandlungen nicht dabei. Wurde ihr nach ihrem Vorstoß für ein totales Rauchverbot das Verhandlungsmandat entzogen?

Oberhauser war nur eine Zwischenlösung, da diese Materie interministeriell verhandelt werden soll. Ich habe aber erst seit kurzem einen Gesundheitsexperten im Haus und konnte daher erst jetzt die Verhandlungen selber führen. Das zeitliche Zusammentreffen mit dem Vorstoß von Oberhauser war rein zufällig.

Was ist eigentlich aus der Männerabteilung in Ihrem Ressort geworden?

Die arbeitet kontinuierlich. So ist zum Beispiel der Ausbau und die Professionalisierung der Besuchsbegleitung gelungen. Diese hilft nach Scheidungen, bei Väterbesuchen die belastende Atmosphäre zu entschärfen. Da wurde heuer Flächendeckung erreicht. Es gibt in jedem Bezirk die Möglichkeit zur Besuchsbegleitung.

Eine Genderpolitik jenseits der neuen Biologismen ist nicht vorgesehen?

Nein, die Männerabteilung arbeitet an handfesten und greifbaren Materien wie auch der Gewaltprävention.

Für den Papa-Monat, bei dem Sie federführend sind, soll bis September eine interministerielle Arbeitsgruppe ein Modell ausarbeiten. Kann das gelingen, obwohl die ÖVP einen Papa-Monat ablehnt?

Da bewegt sich wenig. Die bisherige Bereitschaft des Regierungspartners dazu ist wirklich bescheiden. Aber ich sehe zögerliche erste Schritte.

Wie sieht es mit der Koalition nach dem Neustart aus? Stimmt die Chemie oder liegen mit Themen wie Homo-Ehe, Familiensteuersplitting und Papa-Monat die nächsten Stolpersteine im Weg?

Es haben sich mit dem Neustart die inhaltlichen Differenzen nicht aufgelöst. Das kann man auch als Stolpersteine sehen. Aber es ist zumindest die Bereitschaft der ÖVP größer geworden, konstruktiver zusammenzuarbeiten. Die Linie, dass über das Regierungsprogramm Hinausgehendes nicht geredet wird, ist aufgelöst. Alleine damit ist es schon leichter geworden, Ergebnisse zu erzielen. Auch zwischen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und mir hat sich die Atmosphäre verbessert. Ich hoffe, das dauert an. Ich werde meinen Beitrag leisten.