Der Anfang vom Ende: Donald Trump will Frauen bestrafen, die abtreiben. Nachdem das sogar radikalen Abtreibungsgegnern zu weit geht, gefährdet er damit - erstmals ernsthaft - seine Spitzenreiterrolle.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Washington. Die wirkliche Tücke liegt im Kalender. Das seit Jahrzehnten gängige Ermittlungsverfahren der Präsidentschaftskandidaten der zwei großen Parteien Amerikas stellt in der Regel eines sicher: dass aufseiten der Demokraten wie auf jener der Republikaner der jeweils konservativere Kandidat alle Karten in der Hand hat, wenn es ans Eingemachte geht. In weniger aufgeregten Zeiten stehen die Anwärter auf den Einzug in Weiße Haus längst fest, bevor die Wähler in so riesigen wie fortschrittlichen Bundesstaaten wie etwa New York (20 Millionen Menschen, Vorwahltermin 19. April) oder Kalifornien (rund 40 Millionen Menschen, 7. Juni) ihre Stimmen abgeben dürfen.
Den Ton haben zu diesen Zeitpunkten bereits die Einwohner von Bundesstaaten wie Iowa, South Carolina oder Texas gesetzt, die für das heutige Amerika ungefähr so repräsentativ sind wie Barack Obama für den Ku-Klux-Klan. Aufseiten der Republikaner überlegen dementsprechend nicht wenige Parteiobere mittlerweile allen Ernstes, beim nächsten Mal ordentlich an den Vorwahlterminen herumzuschrauben - mit dem deklarierten Ziel, eine Wiederholung von 2016 unter allen Umständen und für immer zu verhindern.
Es sei alles nichtso gemeint gewesen
Für den letzten großen Aufreger des andauernden Wahlkampfs sorgte wieder einmal jener Kandidat, der bisher die meisten Wahlerfolge wie die meisten Delegiertenstimmen (was oft, aber nicht immer zwangsläufig miteinander einhergeht) auf sich vereint. In einem Fernsehinterview teilte Donald Trump der Öffentlichkeit mit, dass es nicht angehe, dass Frauen, die abtreiben, ungeschoren davonkommen. Laut dem New Yorker Immobilienmagnaten solle es zumindest "irgendeine Form von Strafe" dafür geben. Nachdem die Reaktionen entsprechend ausfielen - selbst die notorischsten Abtreibungsgegner im Land sahen sich plötzlich gezwungen, sich von Trump zu distanzieren -, ruderten er beziehungsweise seine Pressesprecher ein paar Stunden später zurück: Das sei alles nicht so gemeint gewesen. Prinzipiell sei Trump zwar ein Abtreibungsgegner, aber Strafen für Frauen seien nur angebracht, wenn der Oberste Gerichtshof irgendwie irgendwann einmal Abtreibungen für illegal erklären würde.
Nun hat Donald Trump im Laufe dieses Wahlkampfs schon viel Seltsames erzählt und trotzdem hat ihm das bisher nie wirklich geschadet. Weder sein kaum verhüllter Rassismus und Sexismus noch seine unrealistischen und irrsinnigen Vorschläge (Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, Einreiseverbot für Muslime und so weiter) konnten die Mehrheit der republikanischen Wähler davon abgehalten, ihm ihr Vertrauen und ihre Stimme zu schenken.
Tatsächlich scheint die Phase der ersten Verliebtheit zwischen der Parteibasis und dem 69-jährigen Milliardär mit dem losen Mundwerk langsam aber sicher dem Ende zuzugehen. Trumps verbliebene Widersacher - Ted Cruz, der erzkonservative Senator aus Texas, und John Kasich, Gouverneur von Ohio und letzter verbliebener Vertreter des alteingesessenen Parteiestablishments - zögerten keine Sekunde, Trumps Abtreibungskommentare zu verdammen und sich als vergleichsweise moderat hinzustellen.
Gepaart mit den mittlerweile so durchdachten wie koordinierten Angriffen von allen Seiten, die seit ein paar Wochen auf Trump einprasseln, setzen sie und ihre Verbündeten jetzt geschlossen auf ein Narrativ, das angesichts ihrer eigenen Positionen zum Thema Abtreibung zwar in höchstem Maße fragwürdig erscheint (Cruz, Kasich und praktisch alle ausgeschiedenen Kandidaten sind selbst strikte Abtreibungsgegner), aber nichtsdestoweniger Wirkung zeigt: das von dem Kandidaten, der ob seiner extremen Positionen keine Chance hat, wenn es um die Präsidentschaftswahl im Herbst geht.
Befeuert werden ihre Argumente durch immer neue Meinungsumfragen, die stets das gleiche Ergebnis zeigen: Bei der überwältigenden Mehrheit der weiblichen Wähler der USA ist Trump nach seiner Strafandrohung für Frauen, die abtreiben, endgültig unten durch.
Aktuelle Debatte verstärkt Abwärtstrend für Trump
Der nächste wichtige Termin, an dem sich weisen wird, ob die republikanischen Wähler dieser normativen Kraft des Faktischen folgen, steht am kommenden Dienstag an. Dann wählen die Bürger in Wisconsin. Bis vorletzte Woche lagen Trump und Cruz in nahezu allen Umfragen Kopf an Kopf, aber schon damals - noch vor seinen Abtreibungskommentaren - zeichnete sich ein Abwärtstrend für den New Yorker ab, der durch die aktuelle Debatte noch weiter verstärkt wird.
Sogar Kasich, dessen letzte Hoffnung auf die Nominierung praktisch nur mehr in einem Überraschungscoup beim sommerlichen Parteitag in Cleveland besteht, befindet sich mittlerweile wieder in Schlagdistanz zu Trump.
Trump und die Frauen
"Seht euch dieses Gesicht an! Würde irgendwer für dieses Gesicht stimmen? Könnt ihr euch vorstellen, dass dieses Gesicht unser nächster Präsident ist? Ich meine, sie ist eine Frau und ich sollte nichts Böses sagen, aber echt jetzt, Leute. Ist das unser Ernst?"
Über die mittlerweile ausgeschiedene republikanische Präsidentschaftskandidatin Carly Fiorina in einem Interview mit dem Magazin "Rolling Stone".
*
"Man konnte das Blut aus ihren Augen rinnen sehen und aus ihrer Was-auch-immer."
Nach einer Debatte auf Fox News über die kritische Moderatorin Megyn Kelly.
*
"Was haben denn diese Genies erwartet, was passiert, wenn sie Männer und Frauen zusammentun?"
Tweet über sexuelle Belästigung von Frauen beim US-amerikanischen Militär.
*
"Eigentlich haben sie es einfacher. Sie müssen kein Make-up und so auftragen."
Über Burka-Trägerinnen.
*
Ich mag Kinder, aber ich mache nicht alles, um für sie zu sorgen. Ich liefere das Geld und sie kümmert sich um die Kinder. Ich werde aber nicht der sein, der mit ihnen in den Central Park geht."
Auf die Frage nach weiteren Kindern mit seiner Frau Melania in einem Radiointerview 2005.
*
"Arianna Huffington ist unattraktiv, von innen wie außen. Ich verstehe, wieso ihr Ex sie für einen Mann verlassen hat - das war eine gute Entscheidung."
Über die Mitgründerin und Chefredakteurin der Online-Zeitung "Huffington Post".
*
"Ich denke nicht, dass sie das tun würde, obwohl sie eine sehr gute Figur hat. Wäre Ivanka nicht meine Tochter, dann hätte ich wahrscheinlich ein Rendevouz mit ihr."
Über die Frage, was wäre, wenn Ivanka sich für den "Playboy" ablichten ließe.
*
"Der einzige Unterschied zwischen mir und den anderen Kandidaten ist, dass ich ehrlicher bin und meine Frauen schöner sind."
Trump erwog 1999, als Präsident zu kandidieren.
*
"Sie sind widerlich!"
Vor Gericht zur Anwältin der Gegenseite, die eine Pause machen wollte, um sich Milch für ihren Säugling abzupumpen.