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Nach dem CPE: Krise und Kosten. | Chirac will sich selbst retten. | Die Straße gewinnt immer. Dieser alten französischen Weisheit hat sich am Montag nun auch Präsident Jacques Chirac gebeugt. Wochenlang hatte er gemeinsam mit seinem Premier Dominique de Villepin versucht, den CPE zu retten. Am Ende blieb nichts mehr übrig vom Erstanstellungsvertrag ohne Kündigungsschutz und mit verlängerter Probezeit.
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Durch den beharrlichen Druck der Demonstranten und nach mehr als 600 Verhaftungen bei Protesten letzten Dienstag haben Chirac und de Villepin die Notbremse gezogen und erklärt, den CPE durch alternative Maßnahmen ersetzen zu wollen. Schließlich halten der Präsident und sein Premier letzten Umfragen zufolge auf dem rekordträchtigen Popularitätstiefstand von 25 Prozent.
Von dieser Warte aus gesehen hat Chirac mit dem Rückzieher vor allem eines bezweckt: sich selbst zu retten. Denn Fragen nach der Regierungsfähigkeit des Präsidenten und seiner UMP sind vorprogrammiert. Von einem Herrschaftsanspruch fällt Chirac darauf zurück, seine Macht wenigstens noch das eine Jahr bis zu den Präsidentschaftswahlen zu retten. Nach dem Scheitern von CPE und EU-Verfassung nimmt ihm kaum jemand mehr ab, noch in der Lage zu sein, politische Großprojekte durchzubringen - welcher Art auch immer.
Hauptverlierer dürfte letztlich de Villepin sein, der als einzig Verantwortlicher für die Situation gilt. Zwar hat der Premier bereits mit seinem Rücktritt gedroht und so Chirac dazu gebracht, immer wieder zu ihm zu stehen. Doch will er seine politische Karriere retten, muss er zusehen, in Amt und Würden zu bleiben. Mit einem Rücktritt würde de Villepin nämlich mit ziemlicher Sicherheit haltlos im politischen Nirvana enden.
Da nicht gewählt, sondern von Chirac eingesetzt, hat er - ideologisch gesehen - keinen demokratischen Anspruch auf den Posten des Premierministers. Nach der CPE-Niederlage wird sich die UMP zudem verstärkt um Erzrivalen Nicolas Sarkozy scharen. Dieser gilt derzeit als konservativer Sieger in einer der schwersten sozialen Krisen der fünften Republik und wird bereits von vielen als erfolgsträchtiger Aspirant auf die Nachfolge Chiracs gehandelt.
Verloren hat indes vor allem Frankreich. Denn sowohl das Image als auch die Wirtschaft des Landes sind angeschlagen. Nachdem der CPE als zu extrem verurteilt wurde, muss das Ziel der Regierung, schlecht ausgebildeten jungen Menschen Arbeit zu verschaffen, nun mit finanziellen Anreizen für Unternehmen umgesetzt werden.
Diese werden den Staat kolportierte 150 Millionen Euro in der zweiten Jahreshälfte kosten. Die doppelte Summe ist für 2007 geplant, um die rund 160.000 schwer einstellbaren Jugendlichen unterzubringen. Zusammen mit der politischen und sozialen Krise ein teurer Preis, den die Regierung für die Erkenntnis zahlen muss, dass die Straße immer gewinnt.