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Die Straße ist kein Spielplatz - sagt die FPÖ

Von Barbara Ottawa

Politik
Ob in der Phorusgasse im 4. Bezirk, beim "Kinderradspaß" hinter dem Rathaus oder im 16. Bezirk (v.l.n.r.): Kinder nutzen den ihnen zur Verfügung gestellten Platz.
© Radlobby

Das Projekt "Wiener Spiel!straße", Verkehrserziehung auf abgesperrten Fahrbahnabschnitten, stößt auf Widerstand.


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Wien. Man könnte meinen es herrscht Dauerkampfzustand auf den Straßen Wiens, wenn man sich die Rhetorik rund um manche Veranstaltungen genauer ansieht: Es wird von "Aneignung von Straßen" und "Rückeroberung" gesprochen und auf der anderen Seite von "einem eher gefährlichen Unternehmen" und der "Vernichtung von Parkplätzen".

Tatsächlich geht es aber um Kinder, die auf einem abgesicherten Fahrbahnabschnitt einerseits die Straße vorübergehend als Spielplatz nützen dürfen und andererseits auf diese Weise auch etwa das Radfahren auf einer ebenen Fahrbahn erlernen können. Kurz vor dem offiziellen Wahlkampfstart der Parteien werden auch kleine Themen zum Kampfschauplatz.

Das Projekt "Wiener Spiel!straße" findet mehrmals jährlich für einen Nachmittag an diversen Orten statt und wird von der Stadt Wien, den Kinderfreunden, Schulen oder anderen Vereinen unterstützt. Wenn Fahrradfahren auf dem Programm steht, wird auch die Radlobby von der Mobilitätsagentur Wien beauftragt, ihre Veranstaltung "KinderRadSpaß" abzuhalten.

Die "Aneignung der Straße" durch Kinder, wie eines der Projektziele formuliert ist, erfolgt durch professionelle Betreuer. Die Autofahrer werden bereits zuvor durch Halte- und Parkverbotsschilder hingewiesen, dass in dem Abschnitt am nächsten Tag eine Veranstaltung stattfindet, wie auch die MA 13 bestätigte. Es sei noch "niemand abgeschleppt" worden, der das temporäre Parkverbot übersehen hat.

Doch bei der Spielstraße vor der Volksschule in der Lorenz-Mandl-Gasse in Ottakring scheinen sich diesmal Anrainer "von den Halteverbotstafeln überrumpelt" gefühlt zu haben, wie die FPÖ-Bezirksvertretung der "Wiener Zeitung" mitteilte. Es ist bereits das zweite Jahr in dem die Schule das Angebot der Stadt Wien und der Wiener Kinderfreunde annimmt und eine solche Spielstraße veranstaltet. Im Mai musste sie jedoch wegen Regen abgesagt werden. Der nächste Termin ist im September.

Überhaupt sieht die Parteivertretung das Spielen auf der Straße in einer Großstadt als "eher gefährliches, denn wünschenswertes Unternehmen". FPÖ-Bezirksrat Michael Oberlechner: "Wenn Kinder im Straßenverkehr auf sich gestellt sind, sollen sie sich sicher fühlen. Nutzung von Fahrbahnen trägt zur Verunsicherung bei." Er ist selbst Vater einer fünfjährigen Tochter, die er dahingehend erziehe, den Gehsteig zu benutzen. Für die Verkehrserziehung seien Schulverkehrsgärten besser geeignet.

Dort werden auch keine Anrainer durch "zeitweiligen Verlust der Parkmöglichkeiten in der Umgebung, Lärm und Schmutz", der durch die Veranstaltung verursacht wird, gestört. Dieses war nur einer von 18 Punkten, die die FPÖ-Bezirksvertretung beim roten Bezirksvorsteher Franz Prokop in Sachen Kinderspielstraße vorbrachte. Insgesamt geht es vor allem auch um Bezirkspolitik, Budgetfragen und Verkehrskonzepte, die anhand der Spielstraße festgemacht werden.

Bei der MA13 ist man aber "überrascht" wie wenig Widerstand die Veranstaltung "Wiener Spiel!straße", die bereits seit vier Jahren regelmäßig an unterschiedlichen Orten stattfindet, hervorgerufen hat. "Es gab auch einen Film in dem Anrainer befragt wurden," sagt Christina Pantucek-Eisenbacher von der MA 13. In diesem Beitrag von Okto-TV habe eine Dame nach Abschluss einer dreistündigen Spielstraße im 4. Bezirk sogar ihre Meinung über das "Chaos", das sie zunächst im freien Spiel der Kinder geortet hatte, revidiert.

"Es kommt eher vor, dass sich Leute daran erinnern, früher wirklich einfach so auf der Straße gespielt zu haben," sagt Pantucek-Eisenbacher.

"Südamerikanische Zustände"

Neben der "Vernichtung von Parkplätzen", die dadurch "indiziert" würden, sorgt sich die FPÖ um die Straßenkultur. Die Kinderfreunde hatten in der Ankündigung der Veranstaltung festgehalten, dass damit "zusätzlicher Spielraum zur Verfügung gestellt" und eine "Wiederbelebung der ‚Straßenspielkultur‘" erzielt werden soll. Die FPÖ ist sich jedoch sicher, dass die "Wiederbelebung einer Straßenspielkultur für viele Menschen wenig erstrebenswert ist, da mit Straßenkultur eher die Straßenkinder in südamerikanischen Großstädten assoziiert werden, was nicht wirklich erstrebenswert scheint".

Doch den Initiatoren geht es um "Rückeroberung" der Straßen. "Die sonst kinderunfreundlichen Straßen werden einen Nachmittag lang zur autofreien Spielzone", schreibt etwa die Stadt Wien auf ihrer Webseite über das Projekt. Der Verein Juvivo für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen formuliert es noch deutlicher: "Kinder werden von parkenden oder fahrenden Autos verdrängt, von ruhebedürftigen Erwachsenen vertrieben oder aus Sicherheitsgründen ausgesperrt".

Bei der Radlobby Wien berichtet Eliza Brunmayr, die den sogenannten KinderradSpaß, der im Rahmen der Spielstraße öfter veranstaltet wird, vorwiegend positiv über die Erfahrungen mit Anrainern: "Natürlich gibt es immer wieder Leute, die böse dreinschauen, wenn sie vorbeigehen oder sich ärgern, dass sie hier mit dem Auto jetzt nicht fahren dürfen, aber im Großen und Ganzen hatten wir keine Probleme".

Für sie macht es Sinn, dass Kinder das Radfahren auf einer "echten" Straße erlernen. Und sie stellt sich die Frage, wer eigentlich durch die Benutzung einer Fahrbahn durch Kinder verunsichert wird.