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Die Streampunks von nebenan

Von Bernhard Baumgartner

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Der Streamingdienst Netflix mit seinen 70 Millionen Abonnenten hat mit einem schlauen Schachzug die großen Kinobetreiber in den USA brüskiert. Der preisgekrönte Kindersoldatenfilm
"Beasts of No Nation" von Cary Fukunaga ist am Freitag gleichzeitig beim Streamingdienst Netflix und in einigen Kinos in Großbritannien und den USA angelaufen. Damit können jetzt die weltweit etwa 70 Millionen Abonnenten von Netflix den Spielfilm abrufen. Der Streifen, so viel kann man bereits jetzt sagen, hat exzellente Chancen auf einen Academy Award. Dies wäre freilich der Ritterschlag für Netflix, das in den vergangenen Jahren den Fernsehmarkt revolutioniert hat, indem es den Konsumenten die volle Kontrolle gegeben hat, was sie wann sehen wollen, etwa indem es ganze Staffeln von TV-Serien auf einmal ins Netz stellt - und nicht jede Woche eine. Das lineare Fernsehen hat sich somit für viele Abonnenten völlig aufgehört: Sie sehen tatsächlich was und wann sie wollen.

Klar, dass die Kinos das Überholmanöver von Netflix ungern gesehen haben. Vier große Kinoketten haben angekündigt, "Beasts of No Nation" zu boykottieren. Dabei ist der Film keine Eigenproduktion von Netflix. Es kaufte im Frühjahr für zwölf Millionen Dollar die Rechte an dem rund sechs Millionen Dollar teuren Independent-Drama um einen Kindersoldaten in Afrika. US-Regisseur Fukunaga ("True Detective") erklärte, dass ihm Netflix viele Freiheiten eingeräumt habe. Das geht, weil Netflix nur seinen Abonnenten verpflichtet ist. Dass sie das für Meinungsfreiheit nützen, ist erfrischend.