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Die Stromkunden lassen immer noch 400 Millionen Euro pro Jahr liegen

Von Helmut Dité

Analysen

Der Linzer Stahlriese Voestalpine kauft seinen Strom in Zukunft vom RWE-Konzern in Essen; die Verbundgesellschaft hat mit ihrer kostengünstigen Wasserkraft den Landesversorgern schon 70.000 Kunden abspenstig gemacht. Beginnt die viel gepriesene europäische Strommarktöffnung im siebenten Jahr endlich zu wirken? Wird der Wettbewerb schärfer?


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Aber wo denn! Mit dem Linzer Stahlwerk hat der deutsche Stromriese gerade erst seinen dritten Kunden in Österreich akquiriert. Und 70.000 Endverbraucherkunden sind zwar für den Verbund ein schöner Erfolg - von einem funktionierenden Markt will der scheidende oberste Kartellwächter Walter Barfuss aber erst sprechen, wenn viel, viel mehr Abnehmer pro Jahr - zumindest zehn Prozent aller Haushalte - den Lieferanten wechseln.

Noch immer lassen die österreichischen Stromkunden 400 Millionen Euro pro Jahr liegen, rechnet der heimische Energieregulator E-Control unlängst vor - weil sie eben den Anbieter nicht wechseln.

Noch immer wird gewettert über "Raubrittertum" der Stromkonzerne, "deren Gewinne explodieren, während die Strompreise mit affenartiger Geschwindigkeit nach oben fahren", so WKO-Chef Christoph Leitl, der die Hälfte der 400 Millionen Euro als Potential bei den kleinen und mittleren Betrieben "auf der Straße liegen" sieht.

Noch immer wird geklagt über "monopoloides Verhalten" der Netzgesellschaften, die mit hohen Durchleitungstarifen andere Anbieter abblocken, so Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl. "Es muss irgendeiner der österreichischen Energiewirtschaft die Marktwirtschaft beibringen - damit die wissen, dass wir nicht Bedarfsträger, sondern Kunden sind", wünscht sich Raidl. In seinem Konzern machen die Energiekosten vier bis fünf Prozent des Umsatzes aus.

Europas oberste Wettbewerbshüterin Neelie Kroes versucht es zumindest. "Der Wettbewerb auf dem Strommarkt funktioniert nicht", war Ende letzten Jahres das Resümee einer groß angelegten Studie. Wegen "Missbrauch der Marktmacht" will sie Strafen verhängen und die Konzerne durch Trennung von Produktion und Verteilung zerschlagen. Der Aufschrei des Protestes war in Deutschland und Frankreich am lautesten - sowie in Österreich.

Immerhin: Mit Jahresbeginn sind via Energie-Versorgungssicherheitsgesetz einige Verbesserungen für die heimischen Kosumenten erreicht worden. Einfachere Preisvergleiche, transparentere Rechnungen und schnellerer Lieferantenwechsel sollten dadurch möglich werden, hofft E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz - nach langen, zähen Verhandlungen. Die E-Werker müssen im Informations- und Werbematerial sowie auf den Rechnungen Netzgebühr, Steuern und den Preis für die Energie selbst getrennt darstellen. Ein Wechsel des Lieferanten soll nur noch maximal sechs Wochen dauern.

Also los: Im Durchschnitt sind 80 Euro pro Haushalt und bis zu 800 Euro pro Kleinbetrieb abzuholen.