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Die Stunde der Jäger

Von Ronald Schönhuber

Politik

EU-Truppen greifen in Somalia erstmals eine Piratenstellung an Land an.


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Mogadischu. Über Jahre hinweg war es vor der Küste von Somalia ein Katz-und-Maus-Spiel gewesen, bei dem die Maus viel öfter gewann als die Katze. Wirklich gefährlich konnte die EU-Anti-Piraten-Mission "Atalanta" den Seeräubern in ihren Schnellbooten nur auf offenem Wasser werden, und selbst dann nur, wenn man sie quasi auf frischer Tat erwischte. Zu leicht lassen sich die Spuren eines geplanten Angriffs beseitigen, als dass man die Piraten allein aufgrund solcher Beweise festnehmen könnte. Enterleitern und Maschinengewehre werden beim Herannahen der europäischen Kriegsschiffe rasch im Meer versenkt, und aus Seeräubern werden mit einem Mal harmlose Fischer, die ihre Unschuld beteuern.

An Land konnten sich die Seeräuber bisher überhaupt völlig sicher fühlen. In den meisten somalischen Provinzen gibt es seit Jahren keine funktionierenden stattlichen Strukturen mehr, und dass lokale Sicherheitskräfte Jagd auf die Piraten machen, scheint nicht zuletzt wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Piraterie illusorisch. Und den Soldaten der "Atalanta"-Mission waren durch das begrenzte Mandat, das jeden Einsatz an Land kategorisch ausschloss, über lange Zeit die Hände gebunden.

Doch seit Dienstag dürfen die somalischen Piraten wohl nicht mehr darauf vertrauen, dass das jahrelange Katz-und-Maus-Spiel auch weiterhin zu ihren Gunsten verläuft. Knapp zwei Monate, nachdem das "Atalanta"-Mandat auf einen 2000 Meter breiten Küstenstreifen ausgeweitet worden war, griffen EU-Marinepiloten im Rahmen eines nächtlichen Einsatzes erstmals Stellungen der Piraten an Land an. Fünf Schnellboote wurden durch den Beschuss per Hubschrauber zerstört, Personen dürften bei dem Einsatz in der Nähe der Piratenhochburg Hardhere nicht zu Schaden gekommen sein. "Als der Helikopter seinen Angriff gestartet hat, sind wir geflohen, ohne Widerstand zu leisten", berichtete ein Pirat namens Abdi der Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Soldaten sind laut der "Atalanta"-Einsatzleitung wohlbehalten auf ihre Schiffe zurückgekehrt.

Geiseln als Schutzschild

Dem nächtlichen Angriff dürften in den nächsten Wochen wohl noch viele weitere folgen, bereits wenige Stunden nach dem Ende der Mission kündigte ein "Atalanta"-Sprecher neue Einsätze an, falls die Piraten in der Gegend von Haradhere wieder auftauchen sollten. "Wir glauben, dass diese Aktion von Marineeinheiten der EU den Druck auf die Piraten erhöhen wird und ihre Bemühungen unterläuft, in See zu stechen und Handelsschiffe sowie Daus (kleine lokale Segelschiffe) anzugreifen", betonte Konteradmiral Duncan Potts, der den EU-Einsatz kommandiert.

Doch nach Ansicht von Politikanalysten könnten die Einsätze an Land nicht den Erfolg bringen, den sich die EU seit Jahren erhofft. Die Piraterie, die sich in den vergangenen Jahren zu einem Multimillionen-Dollar-Unternehmen entwickelt hat, wird sich wohl nicht so einfach ihr Geschäft kaputtmachen lassen. Die bisher am Strand errichteten Versorgungsbasen lassen sich beispielsweise relativ rasch und einfach ins Hinterland verlegen, um sie auf diese Weise vor Luftangriffen zu schützen. Rory Lamrock von der Sicherheitsfirma AKE befürchtet zudem, dass die Piraten die von ihnen gekidnappten Crews künftig verstärkt als menschliche Schutzschilde missbrauchen werden.