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Warum es für die ganze EU keine gute Nachricht ist, dass die FDP in Deutschland (vorerst) nicht mitregieren wird.
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Leider wissen wir nicht, ob Frankreichs Präsident Emanuel Macron in der Nacht von Sonntag auf Montag dieser Woche eine Flasche vom besseren Champagner aus dem Keller des Pariser Élysée-Palastes hat bringen lassen, um das Scheitern der Jamaika-Koalitionsgespräche angemessen zu feiern, oder die Nachrichten aus Berlin doch nur mit tiefer Befriedigung zur Kenntnis genommen hat.
Grund zu feiern hat Macron ob der politischen Entwicklung auf der anderen Seite des Rheins allemal. Denn dass die FDP, bis auf Weiteres jedenfalls, weder den Finanzminister stellen noch sonst wie mitregieren wird, ist in seinem Sinne. Ganz im Gegensatz freilich zu all jenen in Europa, die an einer soliden Wirtschafts- und Finanzpolitik in der EU im Stile von Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble interessiert und deshalb skeptisch gegenüber einer Transferunion sind, in der wirtschaftlich tüchtigere Länder permanent weniger leistungsfähige oder -willige subventionieren.
Denn die FDP hat als einzige Partei in Deutschland stets klipp und klar versprochen, den vor allem von Macron hinter den Kulissen betriebenen Umbau der EU zu einer Transferunion, in der am Ende auch die Staatsschulden vergemeinschaftet werden ("Eurobonds"), entschlossen zu blockieren. Auch eigenartige Ideen wie jene des italienischen EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani, der eine eigene EU-Steuer einführen will, um das EU-Budget zu verdoppeln, hätten unter einer Regierung, an der die FDP substanziell beteiligt wäre, nicht die geringste Chance auf Verwirklichung.
Macron hat zwar übertrieben, aber im Kern völlig richtig analysiert, als er schon vor den deutschen Wahlen launig anmerkte, wenn die FDP in die Regierung käme, sei er "politisch tot". Diese Gefahr ist vorerst einmal gebannt - und das ist keine gute Nachricht für all jene, die Macrons EU-Plänen (und, uncharmant gesagt, der wirtschaftlichen Sanierung Frankreichs auf Kosten Deutschlands) kritisch gegenüberstehen.
Denn der deutsche Widerstand gegen die Ambitionen Macrons und der anderen besonders schuldenaffinen EU-Staaten wird, legt man die derzeitigen politischen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag zugrunde, deutlich schwächer sein, als er unter einer Regierung gewesen wäre, in der die FDP etwa den Finanzminister gestellt hätte. Kommt - allen Beteuerungen der SPD, in die Opposition gehen zu wollen, zum Trotz - doch noch einmal Schwarz/Rot, gilt das in ganz besonders hohem Maße, denn die SPD steht Macrons Plänen durchaus eher freundlich gegenüber. Aber auch eine allfällige Minderheitsregierung Angela Merkels wäre viel zu schwach, um ihm ernsthaft Paroli zu bieten. Deshalb gilt: Macrons Lager ist der vorläufige Sieger der bisherigen Versuche, eine deutsche Regierung zu bilden. Seine Vorstellungen werden künftig leichter zu realisieren sein; jene hingegen, die an ein Europa eigenverantwortlicher Staaten glauben, wie es ja in den "Maastricht"-Verträgen festgeschrieben ist, werden es künftig noch schwerer haben als schon bisher.
Ganz gewiss ist der Sieg der Macron-Europäer freilich noch nicht. Denn sollte es doch noch Neuwahlen in Deutschland geben, nach denen die FDP dann möglicherweise doch noch mitregieren könnte, bliebe der Champagner doch besser im Keller.