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Die Suche nach dem EU-Sparstift

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Die EU-Kommission plädiert für eine einfachere Vergabe von Infrastrukturförderungen.


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Brüssel. Etwas zu vereinfachen kann durchaus schwierig sein. Das weiß Siim Kallas und betont es auch gern. Dennoch hat der ehemalige EU-Kommissar die Leitung einer Arbeitsgruppe übernommen, die sich der Vereinfachung einer komplexen Materie widmet: der Vergabe von Infrastruktur- und Investitionsförderungen aus den entsprechenden EU-Töpfen. Diese Mittel, verteilt im Rahmen der Regionalpolitik, machen immerhin einen der größten Budgetposten im EU-Haushalt aus: Heuer sind dafür Ausgaben in Höhe von fast 49 Milliarden Euro vorgesehen.

Doch die Klagen über die Hürden bei der Vergabe des Geldes sind mannigfaltig. Unternehmen müssen komplizierte Anträge stellen und sich um Kofinanzierung durch nationale Stellen bemühen. Der Aufwand wird auch nicht geringer, wenn es sich um langjährige Projekte handelt, die immer wieder neu bewertet werden. Das führt zum einen dazu, dass nicht alle Mittel ausgeschöpft werden, die zur Verfügung stünden. Und zum anderen verringert es nicht die Fehlerquote bei der Verteilung, auf die der Europäische Rechnungshof immer wieder hinweist.

Um die Prozedur zu vereinfachen, hat die EU-Kommission die Expertengruppe rund um Siim Kallas mit der Erarbeitung von Vorschlägen beauftragt, die auch in die Halbzeit-Bewertung des mehrjährigen Finanzrahmens einfließen sollen. Die aktuelle Periode läuft von 2014 bis 2020. Erste Empfehlungen hat Kallas nun gemeinsam mit der für Regionalpolitik zuständigen EU-Kommissarin Corina Cretu präsentiert.

So sollen künftig die bürokratischen Hindernisse geringer werden. Zum einen müssten alle Dokumente elektronisch eingereicht werden können. Zum anderen sollte die Pflicht entfallen, für jede einzelne Ausgabe einen Beleg erbringen zu müssen. Fixe Kosten wie Miete oder Versicherung könnte ein Unternehmen also als Pauschale angeben. Das würde auch den nationalen Behörden die Kontrollen erleichtern, glaubt Cretu. Denn es wären weniger Rechnungen zu prüfen.

Außerdem sollte es möglich sein, die unterschiedlichen Finanzierungsinstrumente gleichzeitig zu nutzen und so Förderungen mehrerer Stellen miteinander zu verknüpfen - sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. Denn etliche Mitgliedstaaten bieten Hilfsprogramme etwa für kleine und mittlere Unternehmen an; und Darlehen gibt es auch bei der Europäischen Investitionsbank. In den vor einem Jahr eingerichteten Investitionsfonds setzt die Kommission überhaupt große Hoffnungen: Sie will das Programm, mit dem die Konjunktur angekurbelt werden soll, verlängern und dessen Schlagkraft verdoppeln. Innerhalb von sechs Jahren sollen damit Investitionen im Wert von 630 Milliarden Euro angeschoben werden. Bisher wurden laut Kommissionsangaben Projekte im Umfang von mehr als 120 Milliarden Euro bewilligt. Geht es nach der Brüsseler Behörde, sollten in Zukunft also Förderungen aus den Infrastruktur-Töpfen und dem Investitionsfonds besser miteinander kombinierbar sein.

Geringere Ausgaben geplant

Allerdings sind die Verhandlungen rund um das gemeinsame Budget, aus dem die Regionalförderungen kommen, regelmäßig ein zähes Ringen zwischen den EU-Institutionen. Und während EU-Kommission sowie -Parlament üblicherweise darauf drängen, mehr Mittel für die Union aufzubringen, wollen die Mitgliedstaaten ihre Beiträge meist geringer halten als in Brüssel vorgeschlagen. Hinzu kommt das Tauziehen zwischen den Empfängerländern und den Nettozahlern, die mehr in den Unionshaushalt einzahlen, als sie daraus erhalten.

Das ist auch heuer nicht anders: Die Debatte um das Budget für das kommende Jahr hat bereits begonnen.

Ihren Entwurf für 2017 präsentierte die Kommission im Sommer. Sie sieht Ausgaben in Höhe von 134,9 Milliarden Euro vor. Das entspricht 0,9 Prozent des Bruttonationaleinkommens der 28 Mitglieder - inklusive Großbritanniens. In wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur sollen 56,6 Milliarden Euro, in Förderungen für die Landwirtschaft fast 43 Milliarden Euro fließen.

Doch obwohl die Ausgaben damit geringer wären als heuer, wo fast 144 Milliarden Euro geplant sind, möchten die Länder noch weniger Geld zur Verfügung stellen. Gegenüber 2016 sollte die Reduktion sieben Prozent betragen. Die Zahlungen sollen bei 133,4 Milliarden Euro liegen. Die größte Einsparung wollen die Staaten gerade bei der Regionalpolitik erzielen. Das Ringen ist damit eröffnet. Bis Dezember sollten sich die Institutionen einigen.