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Die Suche nach dem Kompromiss

Von Alexandra Grass

Politik

Die koalitionsinterne Diskussion um das Kindergeld fand am Dienstag nach dem Ministerrat ihre Fortsetzung. Nun begibt man sich auf die Suche nach einem Kompromiss. Sozialminister Herbert Haupt und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein haben den Auftrag bekommen, bis Ende März einen "entscheidungsreifen Vorschlag auf Basis der Koalitionsvereinbarung" auszuarbeiten. Differenzen gibt es nach wie vor: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sprach sich für Zuverdienstgrenzen aus - Haupt nannte jene hingegen "verfassungswidrig". Der gesetzliche Beschluss zum Kindergeld soll dennoch vor dem Sommer erfolgen, betonte der Bundeskanzler.


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Schüssel hat nach dem Ministerrat deutliche Distanz zum Vorschlag des FPÖ-Sozialministers bezüglich eines Kindergeldes ohne Zuverdienstgrenzen gezeigt. Wie der Bundeskanzler betonte, würden ohne Zuverdienstgrenzen "Mitnahmeeffekte" entstehen, durch die für die wirklich Bedürftigen weniger Leistungen zu finanzieren seien. Noch im ersten Quartal würden sich Haupt und Bartenstein auf ein gemeinsames Konzept einigen, kündigte Schüssel an.

Eher reserviert gab sich Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer gegenüber dem Vorschlag des Sozialministers. Haupt meldete unterdessen Bedenken gegen die Ausführungen Finanzminister Karl-Heinz Grassers an. Eine Zuverdienstgrenze - Grasser hatte sich für 21.000 Schilling monatlich ausgesprochen - sei laut einem Experten-Gutachten - vom Steuerrechtler Michael Lang, der schon für ÖVP-Klubobmann Andreas Khol ein solches zur Pensionsreform erstellt hatte - nicht verfassungskonform. Haupt plädiere für ein "Kindergeld für alle ohne Schlechterstellung für Alleinerzieherinnen".

Riess-Passer sprach in Zusammenhang mit der möglichen Verfassngswidrigkeit der Zuverdienstgrenzen von einer "rechtlichen Frage", die es zu klären gelte. Auch die allgemeine Ausweitung des Kindergeldes auf drei Jahre bezeichnete sie zwar als Ziel der FPÖ. Möglich sei dies jedoch nur, wenn sie finanzierbar sei.

Dies ist wiederum für Haupt keine Frage. Alle auf dem Tisch liegenden Modelle seien mit dem Überschuss des Familienlastenausgleichsfonds zu decken, unterstrich der Sozialminister. Die Meinung der Vizekanzlerin wollte er nach der Regierungssitzung nicht "interpretieren".

Auch Schüssel betonte, dass ein entsprechendes Modell in erster Linie finanzierbar sein müsse. Weiters müsse den Familien versichert werden, dass auch jeder Schilling aus dem Familienfonds tatsächlich ihnen zugute komme. Das eigentliche Ziel sei letzten Endes, vor allem jenen Geld zukommen zu lassen, "die es am meisten benötigen".

Bartenstein erklärte, bis März mit Haupt einen "entscheidungsreifen Vorschlag" ausarbeiten zu wollen und erinnerte, dass das Regierungsabkommen Zuverdienstgrenzen vorsehe.

Den Bedenken Haupts, wonach die Einkommensgrenzen verfassungswidrig seien, steht der Wirtschaftsminister eher skeptisch gegenüber: "Wieso das verfassungsrechtlich bedenklich sein soll, muss ich mir erst erklären lassen." Er sehe nicht ein, so Bartenstein am Vorabend in der "ZiB 2", warum gut verdienende Eltern, die weiter arbeiten und der Kinderbetreuung wenig Zeit widmen, trotzdem ein Kindergeld bekommen sollten.

Der oberösterreichische SPÖ-Chef Erich Haider sprach sich am Dienstag für die Einführung von Kindergeld und gleichzeitig für eine Lohnsteuersenkung aus. Im Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sei dafür genügend Geld vorhanden, so Haider.

Die Grünen wiederum fordern, etwaige Überschüsse im Familienfonds nicht für das Kindergeld, sondern für eine Anspruchserweiterung des Pflegegeldes zu verwenden. Wie das Sozialministerium in einer Beantwortung einer schriftlichen parlamentarischen Anfrage der Grünen bekannt gab, würden die Einnahmen des FLAF, aus dem ab kommenden Jahr das Kindergeld finanziert werden soll, von 2001 bis 2003 von 60,5 auf 63,6 Mrd. Schilling steigen.

"Sehr erfreut" zeigte sich Schüssel nach dem Ministerrat über den Budgetvollzug des Jahres 2000. Mit der Einsparung von 15 Mrd. Schilling sei ein "ganz wichtiger Schritt im Etappenplan zum Nulldefizit" gesetzt worden. Riess-Passer verwies auf die Einsparungen im Verwaltungsbereich.