Für die Steuerreform will die ÖVP alleine 900 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich holen. Wie das praktisch gehen soll, bleibt ebenso ein Rätsel wie ihre anderen Sparideen.
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Wien. Noch 12 Tage bis zum politischen Showdown. Entweder präsentieren ÖVP und SPÖ dann eine herzeigbare Steuerreform, oder es gibt Neuwahlen. Beide Seiten rechnen auf Hochtouren, wo sie die fünf Milliarden Euro für die Senkung der Lohnsteuer herbekommen. Die ÖVP will ohne neue Steuern auskommen und stattdessen einsparen - knapp eine Milliarde jährlich will sie alleine aus dem Finanzausgleich holen. Das ist jener Topf, der durch Bundessteuern gespeist und dann auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt wird - nach dem Schlüssel zwei Drittel Bund, ein Drittel Länder, davon ein Drittel Gemeinden.
Wie die Länder und Gemeinden nun aber zum Handkuss kommen, darob herrschte am Donnerstag Verwirrung. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer ließ der "Wiener Zeitung" ausrichten: "Das Thema Gegenfinanzierung der Steuerreform durch den Finanzausgleich ist schon lange vom Tisch." Pühringer ist Teil des ÖVP-Verhandlungsteams. Aus dem Finanzministerium wird das nicht bestätigt. Im Gegenteil. Man konkretisiert den Punkt aber nicht, sondern verweist auf laufende Verhandlungen.
In Beamtenkreisen kursiert auch das Szenario, dass bei den Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich, der ab 2016 gilt, Ländern und Gemeinden 900 Millionen Euro abgezwackt werden.
Undenkbar für den Gemeindebund. Dort geht man davon aus, dass - sollten die Pläne noch existieren - die 900 Millionen nur zu einem Drittel Länder und Gemeinden treffen, wobei die Gemeinden wiederum mit einem Drittel also 100 Millionen Euro zum Handkuss kämen.
Ratlos sind auch Ökonomen. Sie meinen, es könnte damit bloß jener Beitrag gemeint sein, den die Länder und Gemeinden bei der Lohnsteuersenkung anteilsmäßig verlieren und den der Bund dann nicht kompensiert.
Überschriften
Die Verwirrung ob der schwarzen Milliarden hat auch damit zu tun, dass die ÖVP ihre Konzepte nur in Überschriften präsentiert hat.
Siehe 500 Millionen Kürzungen bei Förderungen. Auf die Frage der "Wiener Zeitung", bei wem gekürzt wird, meinte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner jüngst, dass Unternehmen nicht besonders davon betroffen sein sollen. Die Förderungen der Länder seien überhaupt "Sache der Länder", blieben also außen vor.
Nun sind aber deren Förderungen für Landwirtschaft, im Kulturbereich, bei der Tourismusförderung oder für den Wohnbau teils üppig. Dazu kommen die Förderungen der Gemeinden. Das ergibt nicht selten Doppel- und Dreifachförderungen von Bund, Ländern, Gemeinden. Schwer vorstellbar, dass in diese Steuergeldvernichtung nicht eingegriffen wird.
Allerdings hat die Bereitschaft der Länder, dem Bund unter die Arme zu greifen, durch den Hypo-Streit stark gelitten. Durch den Gläubigerschnitt bei der Hypo-Bad-Bank Heta kommen auch die Länder über ihre Landes-Hypos mit bis zu 500 Millionen Euro in die Ziehung. Erbost, dass sie nicht in den Schritt (oder Schnitt) von Schelling eingebunden wurden, verlangen sie das Geld nun über den Finanzausgleich zurück - was die Einsparungen über dieses Vehikel wieder zunichte machen würde. Schelling und Mitterlehner erklärten am Donnerstag, dass sie die Länder nicht informierten, weil man Gläubiger nicht bevorzugen dürfe.
Beamten-Heer
Neben den Ländern legt sich Schelling derzeit auch mit den Beamten an. Ganze 3,3 Milliarden Euro will er bis 2020 bei der Verwaltung einsparen. Beamtenlöhne und Sachkosten sollen statt jährlich um 2,9 nur noch um 1,9 Prozent steigen. Der Protest der mächtigen Beamtengewerkschaft ist ihm sicher. Fix rechnet deswegen noch niemand mit diesen Einsparungen. Auch die geplante ÖVP-Milliarde aus dem Kampf gegen den Steuerbetrug wackelt. Dafür braucht es neue und gut ausgebildete Beamte, die zunächst einmal Geld kosten. Bis dort Milliarden sprudeln, kann es Jahre dauern, meinen Ökonomen.
Außerdem stellt sich wie immer die Frage, warum solche Milliarden nicht schon früher abgeholt wurden. Rasch Geld in die Kasse brächte die Registrierkassenpflicht, wie sie die SPÖ will.
Um die schwarzen Milliarden-Löcher noch zu stopfen, könnte die Entlastung zunächst in Etappen erfolgen. Und am Ende werden Rot und Schwarz wohl doch wieder an der Steuerschraube drehen. Dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze fallen, scheint fix. Tabaksteuer oder Diesel-Steuer sind immer verlockend. Noch 12 Tage bis zum kleinen Wurf.