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Die rein juristische Suppe gegen ÖBB-Chef Martin Huber war reichlich dünn - was wohl auch der Grund dafür war, dass man sie Huber nicht bei der ÖBB-Aufsichtsratssitzung am Dienstag auslöffeln hat lassen. Man suchte - in gut österreichischer Kompromisskultur - schon im Vorfeld eine Lösung, mit der alle Betroffenen leben können.
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Unterm Strich bleiben für jeden genug Vorteile: Die ÖBB-Aufsichtsräte müssen keine Entscheidung treffen, ob Huber nach einem umstrittenen Immo-Deal im Umkreis der Bahn (siehe Kasten) vom Image her noch tragbar ist. Minister Werner Faymann (SPÖ) braucht ebenfalls nichts zu tun. Denn wenn sich die Aufsichtsräte am Dienstag geweigert hätten, Huber abzuberufen, wäre die Sache am Minister hängen geblieben. Dieser freilich wollte sich nach dem teuren Abgang der Asfinag-Chefetage im vergangenen Jahr nicht neuerlich der Kritik des Publikums aussetzen. Auch ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker, der als SPÖ-Mitglied gilt, hat Grund, zufrieden zu sein. Gerade rechtzeitig, als die Stimmen aus linken SPÖ-Kreisen, Pöchhacker sei durchsetzungsschwach, immer lauter wurden, sorgt der 69-Jährige für einen Paukenschlag. Viel zu spät haben die Gegenspieler des Pensionisten bemerkt, dass er eine klare Strategie verfolgt hat. Er will die Bahn zu einem sanfteren Unternehmen rückbauen, das mit Hubers Privatisierungs- und Effizienzzielen nur mehr äußerst wenig zu tun haben wird.
Laut informierten Kreisen soll sich die Spannung zwischen Huber und Pöchhacker in den vergangenen Wochen enorm aufgeschaukelt haben. Letztlich ist es um die Grundsatzentscheidung gegangen, wer die Oberhoheit in der Bahn hat - der ehemalige Generaldirektor des Baukonzerns Porr Pöchhacker oder dessen ehemaliger Untergebener bei Porr, nämlich Huber. Porr mit Porr hat nicht für die oft herbeigeschriebene Harmonie bei den ÖBB gesorgt, sondern für starke Konflikte.
Ohne Streit hat hingegen Wiens Bürgermeister Michael Häupl die Sache gemanagt. Der Pragmatiker hat von Huber alles bekommen, was er wollte. Wien wird den Hauptbahnhof kriegen, den die Stadt immer schon angestrebt hat. Ob ein roter oder ein schwarzer Bahnmanager - Huber gilt als ÖVP-Mitglied - Wien zu einem neuen Stadtteil in unmittelbarer Nähe zum Belevedere verhilft, ist Häupl wahrscheinlich wirklich "wurscht". Und ab jetzt kommt er auch ohne Huber zurecht.
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