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Die Sympathisanten des Neofaschismus

Von Peter Stiegnitz

Gastkommentare

Totgesagte leben länger; allerdings nur dann, wenn sie immer wieder zum Leben erweckt werden. So auch der Faschismus, der als Scheintoter 1945 zu Grabe getragen wurde.


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Der heutige Neofaschismus unterscheidet sich vom klassischen Faschismus der Zwischenkriegszeit in der hierarchischen Linienführung: Während der Altfaschismus staatlich verordnet von oben nach unten verlief, bleibt der Neofaschismus im gesellschaftlich unteren Bereich und drängt dank Globalisierung, EU und UNO nur in verwässerter Form nach oben.

Unzählige Erscheinungen des Neofaschismus kennen wir von Schweden über Ungarn bis Russland durch die Medien. Weniger bekannt ist die empirisch nachweisbare Dreiteilung neofaschistischer Strukturen:

- Wirklich bekannt sind nur einzelne prominente und medienwirksame Aktivisten.

- Schon weniger bekannt sind Mitläufer, die nie zu Waffen oder Totschlägern greifen, sondern die Aktivisten hauptsächlich über das Internet unterstützen.

- Am wenigsten bekannt sind die Sympathisanten, deren Zahl stetig wächst. Sie verbreiten im Westen anti-islamische Propaganda und hetzen im Osten gegen Roma, Juden und andere Minderheiten.

Wirklich gefährlich, weil die Hauptunterstützer aller neofaschistischer Aktivitäten, sind die Sympathisanten, da sie die Taten von Aktivisten und Mitläufern legitimieren, verniedlichen und eine gewisse politische Berechtigung verbreiten. Sympathisanten gibt es nicht nur in alkoholgeschwängerten Wirthausdiskussionen, sondern auch in klein- und gutbürgerlichen Salons und Kaffeehäusern.

Die Parteien aus dieser Ecke wachsen durch den zunehmenden Anteil ihrer Sympathisanten, die das ideologische Rüstzeug für den Neofaschismus liefern. Die Sympathisanten wiederum ernähren sich aus ihrer Fremdenangst. "Der Fremde erscheint unheimlich. Der unheimlichste Fremde ist der, der in uns selbst ist und sich in uns versteckt hält und den wir dann auf andere projizieren", sagt der Wiener Sozialpsychiater Kenneth Thau.

Die meisten Sympathisanten, vor allem in Osteuropa, gehören zu den Wirtschaftsverlierern des Mittelstands. Der neofaschistische Fremdenhass gleicht einem Buffet: Wird gegen bestimmte Minderheiten losgezogen, kann jeder aus dem Angebot das aussuchen, was ihm am meisten zusagt.

Die Sympathisanten des Neofaschismus ähneln in ihrer Ideologie frappant ihren Vorgängern in der Zwischenkriegszeit: Sie sind antiliberal, huldigen einem Führerprinzip (einer "starken Hand"), sind häufig armeefixiert, hängen einem gewissen Totalitätsanspruch nach, frönen einem unbestimmten rationalisierten Mystizismus, neigen verbal zur Gewaltbereitschaft und zeigen einen ausgesprochenen Expansionsdrang.

Natürlich kann man Links- und Rechtsfaschismus, vor allem nicht ihre Sympathisanten, in einen soziologischen Topf werfen. Der Rechtsfaschismus zieht immer schon junge Menschen stark an, der Linksfaschismus weit weniger. Da jede politische Zukunft aus zwei Dritteln Gegenwart und einem Drittel Vergangenheit besteht, können wir den Linksneofaschismus, im Gegensatz zum rechtsextremen, ausklammern.

Peter Stiegnitz ist Soziologe und Autor von "Politik der Gewalt - Der neue Faschismus".

Die Tribüne gibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.