Ex-Telekom-Sprecher Kurt Gartlehner erhielt 130.000 Euro.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Nein, es ist nicht nur die Volkspartei. Wie bereits in Teilen der Donnerstagsausgabe berichtet, liegt "News" ein Gutachten vor, in dem im Auftrag der Staatsanwaltschaft die Geldflüsse aus der Telekom über die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger und die ÖVP-nahe Mediaagentur Mediaselect auf ein eigens für die ÖVP angelegtes Konto namens "ÖVP-Topf" geflossen sind.
Doch in dem Gutachten bleibt die SPÖ nicht verschont. Wie jene gegen die Volkspartei sind die Vorwürfe gegen die Kanzlerpartei zum Großteil bekannt, jedoch werden sie nun erstmals detailliert mit Dokumenten belegt.
Der ehemalige Telekommunikationssprecher der SPÖ, Kurt Gartlehner, wurde bereits durch Dokumente, die dem U-Ausschuss Anfang 2012 vorlagen, schwer belastet. Mit seiner Firma Austria Consult soll er der Valora von April 2007 bis Dezember 2008 monatlich 3600 Euro "für operative Beratungen gemäß Kooperationsvereinbarung" in Rechnung gestellt haben. Zusätzlich soll er 24.000 Euro für ein "Energieprojekt" in Rumänien verrechnet haben. Sein Sohn Philipp wiederum soll mit seiner Firma Wabe GmbH verschiedene Rechnungen an die Valora und an Hocheggers zweite Firma hochegger.com gelegt haben - darunter eine über 30.000 Euro für Beratungsleistungen. Konkret ging es um Bienenprodukte, also denkbar weit entfernt von Telekommunikation. Hochegger hatte im U-Ausschuss jeden Konnex der Wabe-Rechnungen zur Telekom bestritten. Auch über die konkrete Funktion Gartlehners konnte er weder den Ermittlern noch den Mandataren konkrete Angaben machen. In einem E-Mail an den damaligen Telekom-Festnetzvorstand und heutigen A1-Boss Hannes Ametsreiter meinte Hochegger im Februar 2009: Gartlehner werde diesem "bei Kontakten und Meinungsbildung innerhalb der SPÖ behilflich sein". Und: "Gartlehner bittet, die ÖVP-Kreise in der Telekom über seine Tätigkeiten nicht zu informieren." Zwischendurch behauptete Hochegger indes, dass der SPÖ-Mandatar, der heuer nicht mehr zur Nationalratswahl antritt, mit ihm bei Windparkprojekten zusammengearbeitet hätte.
Das war auch Gartlehners eigene Verteidigungsstrategie, als er nach Bekanntwerden der Vorwürfe zu einer Pressekonferenz lud: Ja, er habe einen Rahmenvertrag mit der Valora gehabt, aber eben nur zur Umsetzung von Windparkprojekten in Osteuropa. Außerdem sei er einmal für die Valora in die Mongolei gereist. Auf Gartlehners Website sind bis heute die Dokumente zu diesen Aufträgen zu finden.
Gesetzesnovelle erkauft?
Die Zahlungen an Austria Consult und Wabe bestätigt nun eben auch das von "News" zitierte Gutachten. Doch im Gegensatz zu Gartlehner betont der Gutachter, dass die angeblichen Leistungen Gartlehners nicht nachvollziehbar seien. Er stellt fest, dass die Zahlungen der Valora an Gartlehner eindeutige der Telekom zuordenbar seien und schreibt von "eingekaufter Gunst zugunsten der Telekom Austria AG".
Auch in Bezug auf die Frage, was diese Gunst wohl sein könnte, lohnt ein Blick zurück in den U-Ausschuss. Dort ging nämlich der grüne Abgeordnete Peter Pilz davon aus, dass Gartlehner von der Telekom "gekauft" wurde, um die Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2009 im Nationalrat durchzubringen. Die Novelle, in der es um den Breitbandausbau ging, sei nämlich nicht nur besonders Telekom-freundlich gewesen, sondern auch mit einem einfachen Trick der Begutachtung entzogen worden: Statt einer Regierungsvorlage brachten die Telekom-Sprecher der Koalitionsparteien, Gartlehner und Karin Hakl (ÖVP), einen gemeinsamen Initiativantrag im Parlament ein. Hakl hat von der Telekom laut Gutachten übrigens 24.000 Euro erhalten, auch sie kandidiert nicht mehr.
Gusenbauers Gunst
Weitere 20.000 Euro netto flossen 2006, als die Sozialdemokraten noch in Opposition waren, von der Valora AG an die SPÖ-nahe Echo GmbH. Auch dieses Faktum war schon seit dem U-Ausschuss bekannt, erst im Juli hat Peter Hochegger vor Gericht erklärt, er habe vorgeschlagen, die SPÖ im Wahlkampf 2006 zu unterstützen. "Der Vorschlag ist auf offene Ohren gestoßen", aber die Frage sei natürlich gewesen, wie man diese Spende gestalten solle. "Und da haben wir eine Studie der Echowerbung unterstützt." Und weiter zur Motivation der Telekom: "Der Mehrwert im Jahr 2006 vor der Wahl war natürlich nicht gegeben, aber als Gusenbauer Bundeskanzler war, war das ein extremer Mehrwert." Denn der damalige Telekom-Vorstand Rudolf Fischer habe dann von Alfred Gusenbauer einen Beraterauftrag für den Breitbandausbau erhalten.
Der Gutachter stieß auf zwei weitere Geldflüsse der Telekom an Echo: 2004 und 2005 erhielt die Agentur je 20.000 Euro von der hochegger.com. In einer Aussendung erklärte Echo, die Studien seien umfassend dokumentiert und vorhanden, es sei kein Cent an die SPÖ geflossen. Auch Gartlehner blieb dabei, dass er für die Valora Leistungen erbracht und das Geld nicht an die SPÖ weitergeleitet habe. Ganz ähnlich äußerte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Die Opposition forderte genüsslich die volle Aufklärung der neuen Vorwürfe.