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Kabinettsmitarbeiterin Gastingers zeichnet deutliches Sittenbild.
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Wien. So deutlich wurde das Sittenbild schon lange nicht. Gezeichnet hat es eine Zeugin, von der man nicht allzu viel erwartet hätte. Im Prozess um die mutmaßliche 960.000-Euro-Parteispende der Telekom über zwei Werbeagenturen an das BZÖ im Wahlkampf 2006 sagte am Dienstag die Frau des Siebtangeklagten Christoph Pöchinger aus. Pöchinger war Pressesprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, seine nunmehrige Ehefrau Kabinettsmitarbeiterin.
Blass und nervös erschien sie am Dienstag im Zeugenstand und erklärte in klaren Worten: Die Ministerin habe einen Persönlichkeitswahlkampf führen wollen, das sei Pöchingers Idee gewesen. Dann habe der stellvertretende Kabinettschef erklärt, wegen der Finanzierung solle man sich an den - nun ebenfalls angeklagten - Mandatar Klaus Wittauer wenden. "Man ist davon ausgegangen, dass das Geld vom BZÖ kommt", sagte die Zeugin. Dann, kurz bevor Gastinger aus dem Wahlkampf ausstieg, habe Pöchinger erfahren, dass das Geld von der Telekom kam und das in einer Kabinettssitzung verkündet. Diese Tatsache habe niemanden verwundert, schließlich "war die Telekom bei uns im Kabinett sehr präsent". Einmal sei die Ministerin zum Hahnenkammrennen eingeladen worden, einmal zur Akropolis-Rallye. Als sich Gastinger aus dem Wahlkampf zurückzog, habe sie nur gesagt: "Das Geld gehört schleunigst zum BZÖ zurück." Pöchingers Frau machte im Gerichtssaal nicht nur deutlich, dass Gastinger entgegen ihrer Aussage vor dem U-Ausschuss sehr wohl von der Herkunft des Geldes gewusst haben kann, sondern auch, dass es ihr damals wohl völlig normal vorkam.
Wenig zur Aufklärung konnten hingegen die eigentlich "prominenten" Zeugen, Ex-Infrastrukturminister Hubert Gorbach und der frühere ÖVP-Organisationsreferent und nun beurlaubte Telekom-Public-Affairs-Manager, Michael Fischer, beitragen. Gorbach widersprach sich gelegentlich selbst. Ansonsten bestritt er, dass er Geld für die Änderung der Universaldienstverordnung erhalten habe. Diese sei vielmehr schon länger geplant gewesen, aber für Ministerium wie auch Telekom ein "Pipifax-Thema". Über die Finanzen der Partei wisse er nichts. Auf die Frage, wer von der Finanzierung gewusst haben könnte, meinte Gorbach: "Da gab es schon einen großen Meister, den gibt es nicht mehr." Fischer wiederum konnte keine Angaben zu den vom BZÖ behaupteten Abwerbeversuchen Gastingers durch die ÖVP machen.
Bleibt die Frage, ob der Prozess am Freitag beendet werden kann. Klar ist, dass alle am Montag von Hocheggers Anwalt Karl Schön beantragten zusätzlichen Zeugen noch diese Woche aussagen sollen, drei von ihnen am Mittwoch. Nachdem Staatsanwalt Hannes Wandl und Pöchinger auf die Ladung von Gastinger verzichtet haben, will der Rechtsvertreter des BZÖ bis heute, Mittwoch, über einen Verzicht entscheiden. Der Zeitdruck wäre enorm: Neben mindestens einer weiteren Zeugenbefragung würden am Freitag die Gutachten verlesen werden, dann kämen noch Plädoyers von Staatsanwalt und den sechs Verteidigern - der Zeitpunkt der Urteilsverkündung würde sich also wohl bis in die Nacht ziehen.
Heute werden neben den Zusatzzeugen Gastingers Ex-Kabinettschef Michael Schön und Peter Westenthaler aussagen. Vor allem die Aussage des Noch-BZÖ-Mandatars verspricht Spannung: Wittauer - die beiden sollen sich nicht verstanden haben - hatte erklärt, Westenthaler habe von den Telekom-Zahlungen gewusst. Worauf ihn dieser wegen übler Nachrede, Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung klagte.