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Die teure Insidergesellschaft

Von Kurt Bayer

Gastkommentare
Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium. Er blogt unter kurtbayer.wordpress.com.

In Österreich werden leider oft nicht die Besten auf wichtige Posten gesetzt, sondern die loyalsten Mitstreiter der regierenden Parteien.


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Die österreichische Sozialpartnerschaft, die sozialen Frieden bringt, hat zweifellos einige Vorteile. In ihrer negativen Auswirkung, als Proporz, der Postenbesetzungen in den öffentlichen Institutionen, den staats- und parteinahen Unternehmungen mit sich bringt, aber ist sie teuer, undemokratisch und unprofessionell. Die lange kann Österreich sich das noch leisten?

Nehmen wir einige kürzliche Spitzenpostenbesetzungen in Finanzministerium, Nationalbank und Austrian Development Agency (ADA) als Beispiele, dann sehen wir, dass es primär um rote und schwarze Parteigänger geht - und zumindest der Anspruch einer dieser beiden Parteien, die nicht einmal mehr die Hälfte der österreichischen Wähler vertreten, von vornherein feststeht und mit Klauen und Zähnen verteidigt wird. Das heißt natürlich nicht, dass nicht auch Parteimitglieder kompetent sein können, aber Priorität haben vor allem die Parteizugehörigkeit, die Loyalität gegenüber den Bestellern garantiert - und bestenfalls dann, wenn überhaupt, kommt Kompetenz zum Zug.

So hat sich kürzlich an der Ausschreibung für den Sektionschef für Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte im Finanzministerium unter anderen ein international hochqualifizierter Ökonom beworben, der wirtschaftspolitisch ausgewiesen war und mehrere Jahre beim Währungsfonds und bei großen internationalen Banken gearbeitet hat. Seine Bewerbung wurde nicht einmal mit einem Antwortbrief gewürdigt. So wurde die Chefposition bei der ADA mit einem sicherlich kompetenten Kabinettsmitarbeiter des Außenministers besetzt, der weder Entwicklungserfahrung noch eine solche in einem Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Ausschreibungserfordernisse) hat, obwohl sich andere, genau den Ausschreibungen entsprechende Personen beworben hatten. Und so weiter und so fort.

Die Tragik ist, dass diese österreichische Praxis, nicht die Besten auf wichtige Posten zu setzen, sehr teuer ist. Man sehe nur die Folgen des Salzburger Finanzskandals, wo sich Abteilungsleiter und Landesrat ahnungslos geben und auf die Expertise einer einzelnen Bediensteten ohne entsprechende Ausbildung und Praxis verlassen haben. Der ihr letztlich doch beigegebene Beirat war offensichtlich für den Hugo.

Dass Österreich wirtschaftspolitisch international mangels Expertise (Ausnahmen bestätigen die Regel) nicht wahrgenommen wird, mag nur einige wenige Internationalisten bekümmern. Dass aber in Österreich auf wichtigen Posten primär loyale statt kompetenter Leute sitzen, ist fatal und kostet das Land Abermilliarden an Steuerzahlergeldern.

Ein erster Schritt wäre die absolute Transparenz der Auswahlverfahren und Entscheidungsgrundlagen bei (hohen) Postenbesetzungen, ein zweiter die Einsetzung unabhängiger Panels bei solchen Besetzungen und ein dritter die ersatzlose Aufhebung des unseligen Proporzes (man wird ja wohl noch träumen dürfen). Die Staatsbürger stellen sich immer häufiger die Frage, wem diese Posteninhaber eigentlich dienen: der sie ernennenden Partei oder vielleicht doch dem Staatswohl?

Die Antwort sollte leicht fallen.