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Die Tortenböden des Mister Frisbie

Von Marcel Etschmayer

Reflexionen
Frisbee für alle
© gettyimages

Als Mister Frisbie im 19.Jahrhundert in seiner Bäckerei seine Köstlichkeiten produzierte, hätte er wohl niemals gedacht, dass nicht nur seine Kuchen einmal einen solchen Bekanntheitsgrad haben würden, sondern auch seine Tortenböden.


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Es war einmal in Amerika im Jahre 1871. William Russell Frisbie eröffnete in Bridgeport, Connecticut eine Bäckerei namens "Frisbie Kuchen - Gesellschaft". Nach seinem Tode hatte sich das Unternehmen - durch seinen Sohn vertreten - mit Zweigstellen so weit ausgebreitet, dass bis zu 80.000 Kuchen täglich in Metallformen gebacken wurden. Nachdem die beliebten Kuchen verspeist waren, wurden die leeren Formen einfach weggeworfen. So ergab es sich, dass eines Tages in den 40er Jahren am Strand von Milford spielende Kinder einander diese Kuchenformen mit der Öffnung nach unten zuwarfen. Auch Studenten der Yale Universität entdeckten damals die sensationellen Flugeigenschaften der Tortenböden: Sie schrieen beim Spielen "Frisbie", damit der Fänger auf die mittlerweile bekannten Flugobjekte aufmerksam wurde. So breitete sich der neue Trend aus wie ein Lauffeuer. Aber erst Walter Frederic Morrison - er verkaufte als Kind Frisbies Kuchen - kam auf die Idee, diese neu entdeckten Flugobjekte zu vervollkommnen. Er produzierte erstmals Scheiben aus Plastik und benannte sie nach dem legendären Bäcker Frisbie: Das Frisbee war geboren…

Schwebedeckel. Auch als Frisbee oder Segelscheibe bezeichnet man diese aus Plastik gefertigte Wurfscheibe, die im Sporthandel bereits ab fünf Euro aufwärts erhältlich ist. Um das Verletzungsrisiko zu minimieren, muss die Flugscheibe biegsam und der Rand stets abgerundet und so geformt sein, dass er in die Daumen-Zeigefinger-Kuhle passt. Bei der Herstellung im Spritzgußverfahren wird heutzutage Polyurethan in fertige Formen gegossen und zusammengedrückt. Erzeugt werden Frisbees mit einerseits herausgehobenem Zentrum in der sogenannten "Fastback-Form" für Schwebewürfe und andererseits als Allroundscheibe mit ebener Oberfläche. Die Scheiben haben ein Gewicht von zirka 165 Gramm.

Flugfaktoren. Indem der Rand des Frisbees etwas verdickter hergestellt wird als die übrige Fläche, dreht sich die einmal in Rotation versetzte Scheibe um einiges länger.

Aber nicht nur die Art des Frisbees, sondern auch Wind, Entfernung, Abwurfwinkel, Wurfstärke beziehungsweise Drallstärke und Wurfhöhe beeinflussen seine Flugeigenschaften. Damit das Frisbee also den Höhepunkt der Flugbahn überfliegt, um dann in die sinkende Phase des Fluges überzugehen, sollte es optimalerweise in einem Winkel von ungefähr 30 Grad nach vorne oben abgeworfen werden. Dies gilt aber nur für mittlere oder weitere Entfernungen. Um andererseits das "Bumerangprinzip" auszunutzen, sollte durch den Einsatz des sogenannten "Schwebewurfes" steiler geworfen werden, damit das Sportgerät wieder zurückfliegt. Außerdem liegt die Scheibe stabiler in der Luft. Und je weiter das Frisbee fliegen soll, desto stärker muss natürlich geworfen werden. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass Christian Sandstrom aus Schweden mit genau 250 Metern den Rekord für den weitesten gemessenen Frisbeewurf hält.

Die richtige Technik. Beim "Rückhandwurf" empfiehlt es sich - wegen des Rechtsdralls - die Scheibe beim Abwurf links geneigt zu halten, der rechte Fuß steht (bei Rechtshändern), in Zielrichtung zeigend, vorne und los geht`s…

Beim Vorhandwurf wiederum dreht sich das Frisbee links herum und der linke Fuß befindet sich in vorderer Position. Weiters zählen noch Daumenwurf und der elegant anzusehende Überhandwurf zu den Grundwurfarten.

Im Gegensatz dazu können verschiedenste Trickwürfe wie "Wurf hinter dem Rücken", "Wurf zwischen den Beinen" oder "blind geworfener Vorhandwurf" wahrlich schon als kleine Kunststücke angesehen werden und erfordern bereits einiges an Geschicklichkeit. Beim Umkehrwurf zum Beispiel wirft man die Scheibe - allen Wurfprinzipien zum Trotz - verkehrt herum. Dieser Trick kommt häufig beim Wettkampf zum Einsatz.

Auch bei den Fangtechniken werden die einfachen Formen wie das Fangen mit einer oder zwei Händen von diversen Tricks wie dem Fangen auf einem Finger, zwischen den Beinen, hinter dem Rücken oder Kopf unterschieden. Besonders begabte Spieler schaffen es sogar, die Scheibe zwischen den Knien oder in den Kniekehlen zu fangen.

Aerodynamik. Noch in der Hand des Werfers werden bereits sämtliche Impulse für den anschließenden Flug gegeben. Danach ist es dem Werfer nicht mehr möglich, den Flug zu korrigieren, es sei denn, die Tricktechnik des "Anpeitschens" kommt zum Einsatz: Hierbei wird das Frisbee schräg in den Wind gestellt und in dieser Position laufend angeschlagen. Dadurch bleibt es in der Luft stehen. Will man nun zum Beispiel einen Linksdrall erreichen, sollte man das Wurfgerät durch leichten Kontakt auf der rechten Seite anschlagen, damit diese nicht aus der Schwebehaltung oder Flugbahn geschlagen wird.

Teamgeist. Die oberste Maxime im Frisbee-Sport wird als "Spirit of the Game" oder kurz "Spirit" bezeichnet. Sie besagt, dass die Spieler selbst die Verantwortung für Fairplay zu tragen haben. Einerseits ist sportlicher Kampfgeist natürlich erwünscht, doch andererseits wird auch Respekt dem Gegner gegenüber groß geschrieben. Durch das Einhalten dieser Regel kommt die Freude am Spiel nie zu kurz und bei Turnieren wird das Team mit dem besten "Spirit" sogar mit einem Preis dotiert, welcher als Auszeichnung den eigentlichen Turniersieg sicher übertrumpft. Vor allem aber wird kein Schiedsrichter benötigt…

Ultimativ. Als Königsdisziplin im Frisbeesport und wahrscheinlich fairste Mannschaftsportart der Welt gilt in diesem Kontext "Ultimate". Sein Name soll das höchstmögliche, also "ultimative" Spiel mit der Wurfscheibe bezeichnen. Ziel dieses schnellen und körperkontaktlosen Teamsports ist es, das Spielfeld durch Zupassen der Frisbeescheibe zu überqueren und die von einem Mitspieler geworfene Scheibe in der gegnerischen Endzone am Ende des Feldes zu fangen. Dadurch erhält die aus sieben Spielern bestehende Mannschaft des Fängers einen Punkt.

Ultimate wird hierzulande neuerdings nicht nur von Pädagogen im Schulsport gerne eingesetzt, um Reaktionsvermögen, Wurfgefühl und Koordination gleichermaßen zu fördern. Für alle Sportbegeisterten findet jeden Dienstag von 18 bis 20 Uhr auf dem ASKÖ-Sportplatz Spenadlwiese im Prater das Training des Frisbeevereins "Spin" statt.

Sommertipp. Exotische Varianten dieser Sportart existieren noch in Form von "Frisbee-Baseball" und "Friskee", dessen Aufgabe es ist, die Scheibe ins gegnerische Tor zu befördern. Aber auch das in den USA schon seit 25 Jahren existierende Hunde-Frisbee wurde bei uns in den letzten Jahren unter dem Namen "Disc-Dogging" populär. Hierbei muss ein Hund die von der Startlinie geworfene Scheibe in der Luft fangen und zur Startlinie zurückbringen. Nichts wie raus also - auf eine von Wiens zahlreichen prächtigen Wiesen.

Links zum Thema

Österreichischer Frisbeeverband

www.frisbeeverband.at

Wiener Frisbee-Verein

www.spin-ultimate.net

www.frisbee-forum.com

World Flying Disc Federation

www.wfdf.org

European Flying Disc Federation

www.efdf.org

Buchtipps.

Lorenz, Ralph D.: Spinning flight - Dymamics of frisbees, boomerangs, samaras and skipping stones, New York 2006

Neumann, Peter: Faszination Frisbee - Übungen, Spiele, Wettkämpfe;

Limpert, Wiebelsheim 2004