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Die Mütter. In Politikerreden kommen sie derzeit in der Türkei so häufig vor wie selten zuvor. Sie hätten genug Tränen vergossen in dem Konflikt zwischen türkischer Armee und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Das betont die Regierung Erdogan immer wieder und deklariert, eine Lösung der Kurdenfrage herbeiführen zu wollen.
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Doch es sind nicht nur die Mütter Getöteter, die das Problem betrifft. Es sind Familien, die aus ihren Dörfern im Osten vertrieben wurden und nun in Slums in Großstädten leben. Es sind zehnjährige Kinder, die auf den Straßen Taschentücher verkaufen, weil ihre Eltern keine Arbeit haben. Es sind Männer und Frauen, die ins Gefängnis mussten, weil sie in der Öffentlichkeit die kurdische Sprache gebraucht haben. Es sind jene Türken und Kurden, die einander als Feinde ansehen.
Diese Kluft zu schließen, ist die größte Herausforderung für die türkische Regierung. Sie muss den Menschen im Osten, die jahrelang wie in einem Kriegsgebiet gelebt haben, wieder Vertrauen in den Staat geben. Sie steht vor der Aufgabe, den Kurden zu zeigen, dass ihre Forderungen nach Minderheitenrechten erfüllt werden sollen. Und sie muss den Türken erklären, dass dadurch nicht das Land zusammenbricht - wie es die Opposition darstellt -, sondern dass es sich in eine Richtung bewegt, die viele Menschen wünschen: in Richtung einer starken Demokratie.
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