Preis nicht klar | ersichtlich: Keine Zahlungspflicht. | Nur gerichtlicher Zahlungsbefehl ist entscheidend. | Nicht aus Angst unberechtigte Forderungen begleichen. | Wien. "Wollen Sie wissen, was Ihr Name bedeutet? Oder, ob Sie adelige Vorfahren haben? Sie brauchen sich dafür bloß zu registrieren" - so hieß es auf einer deutschen Homepage. Herr M. wollte, trug seinen Namen und seine E-Mail-Adresse ein, und war damit angemeldet.
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Sein Erstaunen war groß, als ein paar Tage später per E-Mail eine Rechnung über 60 Euro für den 12-monatigen Zugang zu einer Datenbank eintrudelte. Er hatte übersehen, dass irgendwo in den 30-seitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens der Hinweis versteckt war, dass das Angebot kostenpflichtig ist.
Die Dienste sind nur scheinbar gratis
So wie Herrn M. geht es mittlerweile zehntausenden Konsumenten in Österreich und Deutschland. "Das nimmt derzeit geradezu epidemische Ausmaße an", sagt Daniela Zimmer, Konsumentenschützerin bei der Arbeiterkammer Wien. Die Masche ist meist dieselbe: Auf einer Homepage wird der Eindruck eines Gratis-Dienstes erweckt. Irgendwo ist aber - absichtlich ganz klein und nicht klar ersichtlich - ein Preis versteckt. Wer sich in dem Glauben registriert, einen Gratisdienst in Anspruch zu nehmen, wird danach mit harsch formulierten Zahlungsaufforderungen und Klagsdrohungen bombardiert - und dem Hinweis darauf, dass der Kunde ja einen rechtsgültigen Vertrag abgeschlossen habe.
Rechtlich steht diese Argumentation auf wackligen Beinen. Denn die EU-Fernabsatzrichtlinie besagt, dass ein Konsument beim Vertragsabschluss im Internet klar und deutlich über den Preis sowie etliche andere Dinge (wie etwa die Möglichkeit eines Rücktritts vom Vertrag und wie ein solcher durchgeführt werden kann) informiert werden muss. "Ein Preis, der nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu finden ist, oder nur ganz unten auf einer Homepage im Kleingedruckten, reicht nicht aus. Das ist bereits in mehreren Urteilen festgestellt worden", sagt Zimmer.
Klagsdrohungen, ohne dass Vertrag vorliegt
Streng genommen ist gar kein Vertrag zustande gekommen, weil es keine übereinstimmende Willenserklärung der beiden Vertragspartner gegeben hat. Denn der Konsument hat nicht bewusst eine kostenpflichtige Leistung bestellt. Jedenfalls hat der Kunde bei fehlender ausreichender Information über Rücktrittsrecht und Preis das Recht, den Vertrag innerhalb von drei Monaten zu widerrufen - am besten (wegen der Beweisbarkeit) per eingeschriebenem Brief. Bei Minderjährigen wäre ein Vertrag, der ohne ausdrückliche Zustimmung der Erziehungsberechtigten online geschlossen wurde, ohnehin auf jeden Fall unwirksam.
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass solche Briefe den meisten der unseriösen Internet-Anbieter völlig egal sind. Sie erklären unter Verweis auf diverse Paragraphen, dass ein Widerruf nicht möglich sei, dass Eltern für die Bestellungen ihrer Kinder haften würden und dass sie auf ihrer Forderung beharren. Verknüpft wird das meist mit der Androhung von Verzugszinsen, Klagen und ähnlichem. Das Kalkül ist klar: Die Firmen setzen darauf, dass ein gewisser Prozentsatz der Konsumenten aus Angst die Forderungen begleichen, um keine Probleme mehr zu haben.
"Angst ist nie gut", sagt Bernhard Löw, Inkasso-Spezialist bei der Kanzlei Putz & Partner. Zunächst einmal rät er, die Forderung per eingeschriebenem Brief zu bestreiten.
Hat man das getan, kann man sämtliche weitere Schreiben und Drohungen des Internet-Anbieters getrost ignorieren. Denn dieser müsste als nächsten Schritt einen gerichtlichen Zahlungsbefehl veranlassen. Da das aber Geld kostet, schrecken fast alle davor zurück.
Will ein Internet-Anbieter dennoch einen Zahlungsbefehl erwirken, müsste er sich - egal, in welchem Land er sitzt - an ein österreichisches Gericht wenden. Denn bei Geschäften mit Konsumenten ist im Gegensatz zu Unternehmen im Regelfall der Wohnsitz des Verbrauchers entscheidend.
Kommt ein gerichtlicher Zahlungsbefehl, muss er innerhalb von vier Wochen nach Zustellung beeinsprucht werden. Erfolgt kein Einspruch, erhält der Gläubiger das Recht, seine Forderung zu exekutieren - unabhängig davon, ob sie zu Recht besteht oder nicht. Erst nach einem Einspruch wird in einem Gerichtsverfahren die Rechtmäßigkeit der Forderung geprüft. Dann muss der Internet-Anbieter beweisen, dass tatsächlich ein rechtsgültiger Vertrag zustande gekommen ist.
Die meisten Anbieter ziehen den Schwanz ein
Wenn die Preisinformation so gestaltet war, dass sie vom Kunden übersehen werden konnte, wird dieser Nachweis nicht gelingen. Die unseriösen Internet-Anbieter wissen das, weshalb sie sich de facto nie auf Prozesse einlassen. Bei zehntausenden Zahlungsaufforderungen in Deutschland sind erst zwei derartige Fälle vor Gericht gelandet. In beiden Fällen haben die Anbieter verloren.