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Die Tricks der Landesfürsten

Von Walter Hämmerle

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Macht ist gut, mehr Macht ist besser. Im Kampf um knappe absolute Mehrheiten verfallen immer mehr Länder auf die stimmenmaximierenden Möglichkeiten, die das Wahlrecht bietet.


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Noch ist Österreich eine parlamentarische Republik. Das besagt nichts anderes, als dass in der politischen Rangordnung der Nationalrat als Vertretung des Volkes ganz oben steht. Ihm beziehungsweise den Landtagen sind die in ihre Funktionen gewählten Regierungsmitglieder direkt verantwortlich.

Natürlich gleicht diese Beschreibung eher einer Karikatur des politischen Alltags, haben sich doch in praktisch allen parlamentarischen Systemen die Regierungen die Herrschaft über die politische Agenda angeeignet; und die Parlamente haben noch nicht gelernt, die neue Gewaltenteilung zwischen Mehrheit und Opposition mit Leben zu füllen. Auf Bundesebene wird zumindest aber noch rhetorisch und im Procedere die Verfassung hochgehalten.

Auf Landesebene dagegen sind die Dinge längst im Rutschen. Und ein neues Vorzugsstimmen-Modell, das der Person vor der Partei den Vorrang gibt, verstärkt das Ungleichgewicht noch weiter. Niederösterreich hat diesbezüglich den Anfang gemacht, das Burgenland zieht bei der Wahl am kommenden Sonntag nach. Andere Länder werden mit Sicherheit folgen.

Mit der Möglichkeit, Personen auch auf Landesebene statt nur im Regionalwahlkreis direkt zu wählen, ist eine Hintertür für die Direkt-Wiederwahl des Landeshauptmanns geöffnet. Natürlich nicht formal (rechtlich ist dafür noch immer der Landtag zuständig), aber der politischen Absicht nach. Das lässt sich auch aus der Wahlwerbung ablesen: Wie zuvor die ÖVP in Niederösterreich, so wirbt auch jetzt die SPÖ im Burgenland mehr oder weniger verklausuliert damit, dass die Bürger ja jetzt "ihren Landeshauptmann" direkt wählen können.

Nun gibt es zahllose gute Gründe für eine Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts in Österreich. Tatsächlich sollte die Auswahl des politischen Personals nicht länger nur den Parteien überlassen werden. Allerdings stecken hinter der vermeintlichen Direktwahl einzig stimmenmaximierende Absichten. Demokratiepolitische Überlegungen werden dabei lediglich als Deckmantel verwendet.

Was weiters zur Verwirrung beiträgt: Während im Land das Prinzip Person vor Partei gilt, ist es bei der Wahl des Nationalrats genau umgekehrt: Die Partei sticht hier die Person aus.

Beide Prinzipien sind bei annähernder Waffengleichheit der Kontrahenten legitim. Im Burgenland soll damit jedoch - wie zuvor in Niederösterreich - die ohnehin bereits gegebene strukturelle Mehrheit einer Partei noch weiter ausgebaut werden. Wahlrecht verkommt zur Machtpolitik.

Dabei liegen die Probleme in den meisten Ländern genau andersrum gelagert: Den Landeshauptleuten fehlen nicht Vorzugsstimmen, sondern Kontrolle. Dazu leistet dieses Wahlrecht leider keinen Beitrag. Im Gegenteil.

Siehe auch:Verstimmung über Vorzugsstimmen