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Die Tücken der pejorativen Lexik

Von Bernhard Baumgartner

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Wenn man das Forschungsgebiet der Wiener Germanistin Oksana Havryliv einmal auf Herz und Nieren prüfen will, empfiehlt es sich, einem Autofahrer in Währing den letzten Parkplatz außerhalb der Pickerl-Zone wegzunehmen. Oder man fragt Wiener Buslenker, was sie von der Mariahilfer Straße halten. Oder man stellt Frank Stronach vor eine TV-Kamera. Denn Havryliv erforscht die Besonderheiten des Schimpfens.

Nicht nur dass sie die drei beliebtesten Schimpfwörter untersucht hat (wenig überraschend Trottel, Arschloch und Idiot), sie widmet sich vor allem der Frage, was den Wiener Schimpfer von anderen Ethnien unterscheidet. Ihre These: Schimpfen ist weniger vom Geschlecht als vom sozialen Status abhängig. "Nur die wenigstens nutzen Schimpfwörter, um andere zu beleidigen", sagte die Forscherin. Ein Viertel des Schimpfens fällt überhaupt in die Kategorie Scherz, 64 Prozent wird zum Abreagieren benutzt und nur elf Prozent der Schimpfwörter werden in der Absicht ausgesprochen, tatsächlich jemanden damit zu beleidigen.

Entgegen anderen Ländern, wo gerne Flüche ausgesprochen werden, habe Österreich "eine klassische fäkale Schimpfkultur", was sich im häufigen Gebrauch des Wortes "Scheiße" zeugt, während in vielen anderen Nationen eine sexualisierte Schimpfkultur Tradition ist.

Kreative Schimpfwörter haben ja durchaus auch einen gewissen Unterhaltungswert - und sind zudem geeignet, dem Gegenüber den Wind aus den Segeln zu nehmen. Außer, es geht um den letzten Parkplatz. Da hört sich bekanntlich jeder Spaß auf.