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Die Tücken eines Erbes

Von Regine Bohrn

Wirtschaft
Nicht immer ist ein Erbe mit Geldsegen verbunden. In einigen Fällen werden auch nur Schulden hinterlassen.
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Wenn der Erbe Pech hat, muss er für die Verbindlichkeiten aufkommen.


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Wien. Jeder kennt sie: Die Filme, in denen ein Verwandter stirbt und den Hinterbliebenen Millionen hinterlässt. Doch das Leben verläuft leider nicht immer wie im Film. Manchmal hinterlassen Verwandte oder Freunde auch nichts als Schulden. Aus diesem Grund ist enorm wichtig, dass sich Erben vor dem Erbantritt über die finanzielle Situation des Verstorbenen informieren, meinen Experten. Unabhängig davon, ob Millionen oder nur Schulden hinterlassen werden, hat ein im Testament bedachter Mensch in Österreich zwei Möglichkeiten, das Erbe anzunehmen - und zwar unbedingt oder bedingt.

Im ersten Fall nimmt der Erbe die Hinterlassenschaft "ohne Wenn und Aber an", erklärt Rechtsanwältin Elisabeth Scheuba im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sind also Schulden oder andere Verbindlichkeiten vorhanden, werden diese auch vom Erben übernommen. Wenn also die Hinterlassenschaft einen Wert von 100.000 Euro hat, aber Schulden von 300.000 Euro vorhanden sind, muss der Hinterbliebene 200.000 Euro aus der eigenen Tasche zuschießen. Zu zahlen sind etwaige Schulden auch dann, wenn der Erbe davon nichts wusste. Im Extremfall kann man also auch noch Jahre nach dem Begräbnis zur Kasse gebeten werden, da die allgemeinen Verjährungsfristen gelten. Zum Teil können die Fristen laut Scheuba 30 Jahre laufen.

Wie überall im Leben gibt es aber keinen Nachteil ohne Vorteil: Wer das Erbe unbedingt antritt, beschleunigt das Verfahren und spart sich auch Gebühren. Bei einem Antritt ohne Wenn und Aber muss das Hinterlassene nämlich nicht geschätzt werden.

Anders ist das im Fall des bedingten Erbantritts. Hier wird der Wert des Erbes von Schachverständigen eruiert. Der Vorteil in diesem Fall ist aber, dass man für etwaige Schulden nur mit dem Erbe haftet. Wenn der Verstorbene also 300.000 Euro Schulden hatte und nur 100.000 Euro hinterlässt, steigt der Erbe mit null aus, da die 100.000 Euro für die Schuldentilgung verwendet werden. Vor allem in Fällen, in denen man den Verstorbenen nicht so gut gekannt hat, sollte man das Erbe nur bedingt annehmen, rät Rechtsanwältin Scheuba.

Erbe ausschlagen ist möglich

Wer sich allerdings gar nicht mit der Erbschaft auseinandersetzen möchte oder weiß, dass ohnehin nur Schulden vorhanden sind, kann das Erbe auch ausschlagen und somit nicht antreten. Wenn man sich für eine Ausschlagung entscheidet, sollte man sich das gut überlegen, denn diese Entscheidung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Die Entscheidung, ob man ein Erbe antritt oder nicht, muss aber nicht unmittelbar nach dem Tod des Verwandten oder Freundes getroffen werden. Im Regelfall sei es so, dass man das Testament zugesandt bekommt und dann die Todesfallaufnahme gemacht wird, erklärt Scheuba. Diese ist auch die Grundlage für das gesamte Verlassenschaftsverfahren, schreibt der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in dem Buch "Erben ohne Streit".

Bei der Todesfallaufnahme wird abgeklärt, welchen Wert die Verlassenschaft hat, wie viele potenzielle Erben vorhanden sind, ob es Erbverträge, Testamente oder Vermächtnisse gibt und ob die verstorbene Person Schulden hinterlassen hat. Wer sich auf diese Fragen vorbereitet, erspart dem Notar Zeit, da er sich die Anfragen bei verschiedenen Behörden erspart.

Wer also zur Todesfallaufnahme kommt, sollte neben der Abschrift aus dem Sterbebuch, der Geburtsurkunde, dem Staatsbürgerschaftsnachweis und dem Meldezettel des Toten auch etwaige letztwillige Verfügungen und die Aufstellung und Belege über den Nachlass mitbringen. Dazu zählen: Bank-, Spar- und Wertpapierdepotkonten, Vermögens- und Schuldaufstellungen, aber auch Lebensversicherungspolizzen und Übergabeverträge.

Ohne Notar kein Erbe

Erst wenn das alles geklärt ist, wird der Erbe aufgefordert, die Erbantrittserklärung abzugeben, schreibt der VKI weiter.

Den Gang zum Notar erspart man sich im Übrigen in keinem Fall. Selbst wenn man weiß, dass man Erbe ist, darf man die Verlassenschaft auf keinen Fall eigenmächtig in Besitz nehmen. Im schlimmsten Fall könnte das laut VKI mit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue oder Veruntreuung enden. Ohne Notar gibt es also keine Erbschaft, bringt es der VKI auf den Punkt.

Der Grund, warum man zu einem Juristen gehen muss, ist relativ leicht zu erklären: Der Gesetzgeber will sicherstellen, dass das Erbschaftsverfahren von einer unparteiischen Person abgewickelt wird, die allen Erbberechtigten sowie allfälligen Gläubigern des Verstorbenen gleichermaßen verpflichtet ist.