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Die umstrittenen Geschäfte der Bahn

Von WZ Online

Wirtschaft
Der Spekulationszug ist abgefahren - wie er in der Bilanz ankommt, ist ungewiss.
© ÖBB

Sonderaufsichtsrat beschäftigt sich mit ÖBB-Spekulationsgeschäften. | Wien. (apa) In Wien tritt Montag ein Sonderaufsichtsrat der ÖBB zusammen, der sich mit Millionenverlusten durch Börsenspekulationen und umstrittenen Immobiliengeschäften beschäftigen wird. Unter Druck sind ÖBB-Chef Martin Huber und sein Finanzvorstand Erich Söllinger. Allerdings ist im Vorfeld des Aufsichtsrates aus involvierten Kreisen zu hören, dass "zwar der Berg kreisen, aber nur ein Mäuslein geboren" wird. Demnach sei geplant, die leidige Causa auf den 22. April aufzuschieben - dem nächsten Bahn-Aufsichtsrat, der zur Absegnung der Jahresbilanz zusammentrifft.


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Um diese erstellen zu können, bedarf es allerdings zuvor einer Klärung, wie mit möglichen Spekulationsverlusten umzugehen ist, die bis zu 612 Mio. Euro ausmachen könnten. Gerüchte besagen, dass bis jetzt Wertberichtigungen in Höhe von bis zu 400 Mio. Euro vorgenommen worden sein sollen. Die Bahn gibt sich bedeckt und spricht davon, dass es sich um Veranlagungen mit langer Laufzeit handle, abgerechnet werde am Schluss. Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker wiederum hatte in der Vergangenheit gemeint, man müsse auch in Betracht ziehen, möglicherweise vorzeitig - mit entsprechenden Verlusten - auszusteigen. Bis zur Bilanz 2007 muss jedenfalls Klarheit über die Rückstellungen herrschen.

Die ÖBB werden die umstrittenen Geschäfte wahrscheinlich nicht vor deren Laufzeit beenden. Denn damit wäre derzeit ein weitaus größerer tatsächlicher Verlust (Abschreibung) verbunden als der reiner "Bewertungsverlust", der entsprechende Rückstellungen erfordert. Ein Bewertungsgutachten, das dem Sonderaufsichtsrat der Bahn heute, Montag, zur Beratung vorgelegt worden ist, dürfte nach bisherigen Informationen wohl auch keine unmittelbare personellen Konsequenzen an der Bahn-Spitze zeitigen.

Entscheidend für die Beurteilung wird auch die Frage, wer wann wovon wusste. Gewerkschaftskreise hatten durchblicken lassen, dass sich Huber nicht an Söllinger "abputzen" werde können. Für den Finanzchef wird in den Medien schon ein Nachfolger genannt: Ex-Post-Vorstand Josef Halbmayr, seit Ende 2007 Finanzvorstand der ÖBB-Personenverkehr AG.

Zweiter heikler Punkt der heutigen Sondersitzung ist ein umstrittener Immobiliendeal im privaten Umfeld von Bahnchef Huber. Hier soll ein Gutachten zwar herbe Kritik üben, aber eben nicht so hart ausfallen, dass dies Huber den Job kosten könnte. Verkehrsminister Werner Faymann (S) stehe jedenfalls noch immer hinter Huber, heißt es. Huber gilt - wie Söllinger - als ÖVP-nahe.

Fraglich ist, ob auch die Vorstandsgehälter ein Thema beim Sonderaufsichtsrat sind. Am vergangenen Freitag hatte der Rechnungshof Zahlen zu den Einkünften vorgelegt: Der Holdingvorstand verdiente 2006 um 42 Prozent mehr als im Jahr zuvor, dessen Angestellte aber um 4 Prozent weniger. Die beiden Vorstände verdienten zusammen gut eine Million Euro jährlich. Die Chefs des Teilbereichs ÖBB Dienstleistung bekamen gar um 84 Prozent mehr, die Gehälter ihrer Angestellten legten aber immerhin um 12 Prozent zu.