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Nach Evaluierung blieben 24 der 130 Forschungsinstitute. | Umsetzung und Vernetzung als Kriterien. | Wien. Die Nachricht ging wie ein Lauffeuer durch die Medien: Der sensationelle Fund einer Holzformation - genannt "Woodhenge" - wurde 900 Meter vom britischen Steinkreis Stonehenge entfernt gefunden. Die Wissenschafter des Ludwig Boltzmann Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie in Wien hatten das Gelände Meter für Meter mit Bodenradar und Magnetometer abgefahren. Und hatten so entdeckt, dass das Monument einst von bis zu einem Meter dicken Holzpfeilern umrahmt war. High Tech-Methoden revolutionieren die Altertumsforschung.
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"Das Institut kombiniert Geophysik, Informatik, Geomantik und Archäologie", erklärt Claudia Lingner, Geschäftsführerin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG). Die 1960 gegründete Gesellschaft ist eine private Trägerorganisation für Forschungseinrichtungen in Österreich. 2011 bis 2013 erhält sie insgesamt 18 Millionen Euro aus den Töpfen des Wissenschaftsministeriums und muss - im Unterschied zu anderen Einrichtungen - keine Einsparungen hinnehmen.
Der Hintergrund: Das Wissenschaftsministerium spart im diesjährigen Budget bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen, indem es deren Basisbudgets streicht. Als Grund nennt es Umstrukturierungen weg von einer zerklüfteten Landschaft von Einzelinstituten hin zu gezielten Schwerpunkten. Dem gegenüber stehen "Kernbereiche", die von der Konsolidierung unberührt bleiben. Sie "bilden das Fundament für den Forschungsstandort und stellen unsere größten Budgetbereiche dar. Weiters sind sie international sichtbar und ihre Budgets teilweise bereits bis 2012 fixiert", heißt es.
Neben den Unis, den Fachhochschulen oder der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gehört die Ludwig Boltzmann Gesellschaft zu diesen Kernbereichen. Ihre Institute befassen sich mit medizinischen, geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen. Benannt ist sie nach dem österreichischen Physiker Ludwig Boltzmann. Ihr Präsident ist der mächtige Raiffeisen-Boss Christian Konrad.
Ein Grund, warum an der LBG nicht gekratzt wird? Vielleicht - aber nicht nur. Denn während es bis 2002 rund 135 Boltzmann-Institute gab, existieren heute nur noch 24. "Es war die Umstrukturierung, die niemand mitbekommen hat", sagt Lingner. Zuvor waren viele der Institute nicht mehr als ein Türschild. Einzelpersonen suchten für Projekte an, die ihren Fördergebern oftmals Renommee brachten. "Wir mussten etwas tun, um zu überleben", erklärt Lingner. Man ließ alle Institute nach internationalen Kriterien evaluieren. Wer nicht entsprach, ist jetzt nicht mehr dabei.
Heute werden Boltzmann-Institute aufgrund von Ausschreibungen und mit Hilfe von internationalem Begutachtungsverfahren eingerichtet. Zu den ausschlaggebenden Kriterien zählt neben Qualität die Umsetzungsorientierung. Etwa wenn Claudia Wild, Leiterin des Boltzmann Instituts für Health Technology Assessment, die Datenlage zu neuen Arzneimitteln, Vorsorgemedizin und Impfungen auch medial kritisch beleuchtet. Oder wenn beim Institut für klinisch-forensische Bildgebung Polizei, Oberlandesgericht und Universitäten im Dienste einer besseren Beweissicherung zusammenarbeiten.
Schnelle Wissenschaft
Die Wissenschaft entwickelt sich schneller, als ihre Organisationsstrukturen es tun. Denn die einzelnen Disziplinen verändern sich allein dadurch, dass sie sich vernetzen - etwa ist Hirnforschung ohne bildgebende Verfahren nicht mehr möglich. Die LBG könnte nicht nur die Nische der Vernetzung füllen, sondern auch einen Bereich, in dem in Österreich nach wie vor ein Vakuum herrscht: Grundlagenforschung, die zu Produkten werden könnte, allerdings noch nicht weit genug entwickelt ist, als dass die Industrie aufspringen würde. Auch der Forschungsrat betont, dass solch kooperative Forschung größerer Unterstützung bedürfte. Denn obwohl bei der LBG nicht gekürzt wird, sind sechs Millionen Euro pro Jahr an Ministeriumsgeldern für 24 Institute nicht viel.
Website Ludwig Boltzmann Gesellschaft