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"Die Ungerechtigkeit wird nicht das letzte Wort haben"

Von Klaus Huhold

Politik

Desmond Tutu erhält Ehrendoktorat der Universität Wien. | Erzbischof nimmt Stellung zu Nahost und Südafrika. | Wien. Desmond Tutu ist ein Redner, der es schafft, seine Zuhörer zu fesseln. Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger gestikuliert lebhaft, setzt plötzlich Pausen, bei denen er ruhig ins Publikum blickt, hebt wieder laut seine Stimme, um im nächsten Moment in einen Flüsterton überzugehen. Sein rhetorisches Können bewies der anglikanische Erzbischof am Freitag bei einer Rede an der Universität Wien, wo er auf Antrag der Evangelisch-Theologischen Fakultät mit der Ehrendoktorwürde bedacht wurde. Tutu nutzte die Gelegenheit, um die versöhnliche Botschaft zu überbringen, "dass Ungerechtigkeit und Gewalt nicht das letzte Wort haben werden".


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Tutu verwies dabei auf seine südafrikanische Heimat. Nach dem Ende der Apartheid sei dort ein Blutbad befürchtet worden, ein Rachefeldzug der Schwarzen gegen ihre ehemaligen weißen Unterdrücker. Doch trotz aller Probleme, die bei der Versöhnung zwischen Schwarzen und Weißen noch verbleiben, sei das Land nun eine multiethnische Demokratie.

Auf andere Orte der Welt blicke man aber mit "Bestürzung". Etwa auf das von einem Bürgerkrieg verwüsteten Sri Lanka. Oder auf Nahost, wo die Palästinenser im Westjordanland und in Gaza "unaussprechlichem Leid" ausgesetzt seien. Doch er glaube daran, dass Juden und Palästinenser einmal friedlich zusammenleben werden. Ganz Kirchenmann und Prediger fügte Tutu hinzu: "Das ist Gottes Wille. Das Gute, das Mitgefühl, die Freude und die Liebe werden siegen." Das sichtlich bewegte Publikum gab minutenlange Standing Ovations.

Bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten erklärte der Erzbischof dann, wie er sich konkret die ersten Schritte zur Aussöhnung in Nahost vorstellt. Tutu, der für den UN-Menschenrechtsrat einen israelischen Angriff in Gaza untersucht hat, forderte etwa ein Ende der Blockade des Gazastreifens, einen israelischen Siedlungsstopp in den besetzten Gebieten und dass die Hamas ihre Raketenangriffe auf Israel beendet.

Auch mit 78 Jahren bleibt Tutu also ein "Quälgeist für Gerechtigkeit", wie er sich selbst einmal bezeichnete. Dabei scheut er nicht davor zurück, die politische Führung seiner Heimat zu kritisieren. So hat er lange Zeit gefordert, dass der mit Korruptionsvorwürfen konfrontierte ANC-Vorsitzende Jacob Zuma nicht für das Präsidentenamt kandidiert.

Mittlerweile ist Zuma Präsident. Und Tutu meint nun, dass man ihm Zeit geben solle, die größten Probleme des Landes wie etwa die weit verbreitete Armut oder die Aids-Epidemie zu lösen.

Tutu selbst ist im Kampf gegen Aids engagiert. Am Samstag wird daher um 17 Uhr in der Lutherischen Stadtkirche in Wien ein Benefizkonzert zugunsten der "Desmond Tutu HIV Foundation" stattfinden.