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Die ungeschminkte Maibaum-Wahrheit

Von Christina Böck

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Es soll ja auch in Seniorenheimen Friseursalons geben und angeblich ist auch der Gebrauch von Lippenstift nicht an ein Alterslimit gebunden. Ganz neue Informationen offenbar für Nutzer des Sozialen Mediums Instagram. Die teilten begeistert und zuhauf die Geschichte einer 80-Jährigen mitsamt zugehörigen Bildern. Livia ließ sich von ihrer Enkelin Tea schminken. Weil Tea aber eine professionelle Make-up-Artistin ist, ist die Großmutter nach der Behandlung nicht wiederzuerkennen. Die Vergleichsfotos zeigen erst eine sympathische alte Frau mit Falten, die ihr Leben erzählen. Auf den "Nachher"-Bildern sieht Livia mit all der Visagier-Spachtelmasse und den künstlichen Wimpern aus wie, nun ja, eine Ehefrau von Donald Trump.

Die Enkelin hat mitgeteilt, dass sich die Oma im Heim total über die viele Aufmerksamkeit freut. Schade nur, dass sie die allein mit dieser modernen Form der Freakshow errungen hat.

Da lobt man sich die Aktion jener forscher oberösterreichischer Pensionisten, die kürzlich für Schlagzeilen sorgten. Die griffen in der Causa "hinterhältiger Maibaumraub" zur Selbsthilfe und stahlen sich das entwendete Phallusobjekt wieder zurück. Dabei waren sie klar im Vorteil, zum Transport hatten sie ihre Rollatoren mitgebracht.

So kann Selbstermächtigung jenseits des 80ers nämlich auch gehen. Ist natürlich nicht so glamourös, dass man es im Netz zu Hundertschaften teilt. Andererseits hätten sich die Senioren bei der Maibaum-Rückholaktion auch wirklich schwergetan, hätten sie so lange künstliche Fingernägel aufgeklebt gekriegt wie Schmink-Oma Livia.