Demos, Aktionen, Vollversammlungen an allen heimischen Universitäten. | Mehrere tausend Studenten beteiligten sich an dem Protest. | Wien. Vor knapp einem Jahr waren es die Studenten die den Uni-Protest initiierten. In diesem Jahr sind es die Rektoren: Am Dienstag riefen sie geschlossen zu österreichweiten Vollversammlungen, um gegen die angekündigten Budgetkürzungen ab dem Jahr 2013 zu protestieren.
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Allein an der Technischen Universität Wien (TU) folgten am Dienstag rund tausend Studenten dem Ruf der Rektoren. In einem zum Bersten gefüllten Audimax wurde dort mittels mobilen Mikrofonen über die Zukunft der Unis diskutiert. Alle jene, die keinen Einlass mehr fanden, verfolgten das Geschehen über eine im Hof der TU aufgestellte Video-Wall.
"Es geht nicht mehr um Zahlenspielereien, Diskussionen über Studiengebühren oder budgetäre Vergleiche mit Deutschland oder der Schweiz, sondern darum, dass an den Unis Defizite drohen", sagte der Rektor der TU, Peter Skalicky. In nur wenigen Jahren werde sich an seiner Uni bei einem gedeckelten Budget ein Defizit in Höhe von 30 Millionen Euro auftun.
Rektor: InternationalerAnschluss bedroht
Die TU Wien sieht er aufgrund ihres hohen Bedarfs an teurer Infrastruktur von der angekündigten Budgetdeckelung besonders betroffen: Denn ohne laufende Investitionen in diese Infrastruktur verliere man auf internationaler Ebene mittelfristig unweigerlich den Anschluss, betonte der Rektor. Ihren Unmut brachten aber auch die Studenten zum Ausdruck: "Wenn das so weitergeht, werden wir noch zu einer Bananenrepublik", echauffierte sich ein Student über das Mikrofon. Auf Transparenten fanden sich zudem Slogans wie "Wenn du denkst, Bildung ist teuer, dann probier’ aus, was Dummheit kostet" oder "Ausbildung ohne Bildung führt zu Wissen ohne Gewissen".
Im Anschluss an die Vollversammlung lud die Mensa der TU zu Kartoffelsuppe und Gulasch im Hof. Zahlreiche Workshops und Vorträge standen am Nachmittag auf dem Programm.
Skepsis gegenüber Bundesregierung
"Prinzipiell ist es deprimierend, dass es soweit kommt. Aber es ist super, dass die Uni von sich aus einmal etwas macht", meint der 26-jährige Jeronimo zur "Wiener Zeitung". "Fraglich ist nun, ob die Regierung auch etwas unternimmt." Zwar sei er in seinem Studiengang "Elektrotechnik" nicht so sehr von Überfüllung und Platznot betroffen, trotzdem merke man überall, dass die Finanzierung nicht ganz gegeben sei. "Einfach gar nicht zu reagieren wäre ja für die Regierung die beste Taktik", fügt der 28-jährige Armin hinzu. Denn die Leute hätten ja nicht ewig Zeit zu protestieren. "Letztes Jahr hat das Totstellen der Politik jedenfalls funktioniert", konstatiert der technische Informatiker.
Die Teilnahme am Sternmarsch der einzelnen Unis zum Ballhausplatz und dem Parlament mit der anschließenden Abschlusskundgebung um 18 Uhr war für die beiden obligatorisch.
Mehr als tausend Studenten fanden sich auch in der Medizin-Uni Wien (MUW) ein. Bereits vorab warnte die MUW vor "unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheits- und Krankenversorgung in Ostösterreich sowie einschneidende Benachteiligungen im unmittelbaren Forschungswettbewerb". Besonders bedrohlich sei die Situation in der Lehre. So könnten die PhD-Programme der MUW abgeschafft werden. Der drohende Personalabbau hätte auch unmittelbare Auswirkungen auf die Facharztausbildung: Mit Schließungen von einzelnen medizinischen Fachbereichen müsste gerechnet werden.
Allein an der Uni-Graz fehlen 300 Millionen
In Graz rechnete Uni-Rektor Alfred Gutschelhofer vor, dass ab 2013 allein zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes rund 300 Millionen Euro jährlich fehlen würden. Vor geplanten Einschnitten warnte auch der Rektor der Medizin-Uni Innsbruck, Herbert Lochs: "Wenn diese kommen, müssen 2013 mindestens 100 Mitarbeiter entlassen werden." Rund 1300 Menschen nahmen in Innsbruck an den Protesten teil.