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Die Unis sind bald auf ÖBB-Niveau

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Der Großkonzern Universität lässt sich auf Dauer nicht ohne fundiertes Unternehmenskonzept führen. Er vergammelt - zwischen besseren Angeboten in Österreichs Umgebung.


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Weder die sogenannten neoliberalen Höhenflüge in der Wirtschaftspolitik bis 2008 noch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise vermochten etwas daran zu ändern, dass überall dort, wo der Staat und seine Politiker die Zügel führen, das betriebswirtschaftliche Chaos nachhaltigen Charakter annimmt. Die ÖBB als ewig defizitäres und unrentables Unternehmen sind ein Beispiel, das AUA-Debakel ein zweites, die Skylink-Pleite ein drittes und die Not der Universitäten ein viertes.

Bleiben wir, ehe weitergezählt wird, bei diesem wegen der Studentenproteste aktuellsten Thema. Wenn Politiker Schuldige dafür suchen, dass in der Bildungspolitik alles schiefläuft und das Image österreichischer Universitäten im Ausland bestenfalls auf jenes eines Ersatzflughafens für umherirrende Studierwillige absinkt, dann müssen sie auf sich selber zeigen.

Die selbsternannten Studentenführer, die an mehreren Universitäten Hörsäle besetzen, sind es nämlich nicht. Ihnen ist höchstens vorzuwerfen, dass sie - wie meist bei solchen spontanen Erregungen - Programme ausarbeiten, die von dichterischem Fleiß zeigen, aber jenseitig sind.

Nahezu 300.000 Menschen wollen an Österreichs Universitäten studieren, was eindrucksvoll klingt, aber gewiss nicht Teil der Bildungsrevolution ist, die vor vielen Jahren in aller Munde war. Jene, die wirklich studieren wollen, haben sowohl das Interesse als auch das Recht, die entsprechende Infrastruktur vorzufinden, zu der auch wissenschaftliches Personal gehört, das sich um sie kümmert.

Und was macht die Politik? Sie weigert sich gegen den entschiedenen Widerspruch der Rektoren, die Studienplätze zu finanzieren. Freier und weitgehend kostenloser Zugang zur Bildung ja, aber die Finanzmittel werden verweigert. Die Hochschulprofessoren sehen mit Zorn und Neid, dass sich Fachhochschulen ihre Studenten in mehrstufigen Testreihen und Persönlichkeitsprüfungen aussuchen und damit rechnen können, dass die Studienplätze auch finanziert werden.

Dieses Modell lässt sich zwar nicht 1:1 auf die Unis übertragen und wäre in seiner kategorischen Form auch ungerecht. Aber irgendwann kann man von einer Regierung verlangen, dass sie sagt, wo für die Universitäten das Ende der Fahnenstange ist.

Als vor kurzem das "Times Higher Education World University Ranking" mit beschämendem Ergebnis für Österreich veröffentlicht wurde, meldete sich der Präsident der Rektorenkonferenz, Christoph Badelt, zu Wort: "Wenn man sich den Zirkus rund um den offenen Hochschulzugang verbunden mit der fehlenden Studienplatzfinanzierung anschaut, braucht man sich nicht zu wundern, wenn das alles nicht zusammenpasst. Insofern werden sich die Österreicher an solche Ergebnisse gewöhnen müssen."

Die Rektoren der Universitäten in Graz, Salzburg und Wien fragten bisher vergeblich nach, woher das Geld für die Psychologie-Studienplätze kommen werde, die sich in den kommenden Jahren per Gesetz von 1600 auf 2300 vermehren werden.

Das sind die miserablen Tatsachen, eingebettet in negative Rahmenbedingungen: Der Staat wird 2010 weniger Finanzmittel haben als je zuvor, die EU wird, selbst wenn Wissenschaftsminister Johannes Hahn ein "Zukunftsressort" in der Kommission erhält, den Zustrom deutscher Studenten nach Österreich nicht bremsen, und die Koalition glaubt, dass Unehrlichkeit eine Methode sei. Und wundert sich, wenn es zu unkoordinierten "Revolten" auf Universitätsboden kommt.