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Die Unmöglichkeit von Prognosen

Von Brigitte Pechar

Politik

In Österreich gibt es vor einer Wahl kein Veröffentlichungsverbot für Meinungsumfragen.


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Wien. Prognosen sind eine schwierige Sache. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Das müssen Meinungsforscher nach geschlagenen Wahlen immer wieder demütig zur Kenntnis nehmen. Auch diesmal wieder ist es passiert: Der klare Abstand des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl am Sonntag kam völlig überraschend - trotz zahlreicher Umfragen. Alexander Van der Bellen wurde dagegen zu hoch eingeschätzt, auch SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer wurde besser bewertet, während ÖVP-Kandidat Andreas Khol ziemlich genaugetroffen wurde. Ebenfalls tendenziell überschätzt wurde Irmgard Griss.

Die "Wiener Zeitung" hat bewusst darauf verzichtet, Meinungsumfragen zu veröffentlichen. Einerseits waren dafür die Fehleinschätzungen bei vergangenen Urnengängen entscheidend, andererseits aber auch die sehr wahrscheinliche Beeinflussung der Wähler durch Umfrageveröffentlichungen.

Neue Methoden nötig

Meinungsumfragen waren stets mit Vorsicht zu genießen - aber in Zeiten mit immer mehr Wechselwählern und völlig neuen wahlwerbenden Kandidaten oder Parteien, zu denen es keine Referenzwerte gibt, wird eine Prognose immer schwieriger. Immer öfter werden Wahlentscheidungen erst in der Wahlzelle getroffen - alleine aus dieser großen Zahl an Entscheidungen in letzter Minute ergibt sich eine viel größere Schwankungsbreite. Meinungsforscher Peter Hajek glaubt, dass es notwendig sein wird, neue Methoden zu entwickeln: "Die Meinungsforschung ist nicht am Ende, sondern am Anfang einer neuen Periode."

Debatten um Wahlbeeinflussungen durch Meinungsumfragen hat es in Österreich schon mehrmals gegeben. In diesem Zusammenhang wurde auch immer wieder ein Veröffentlichungsverbot von Umfragen wie es das in Italien, Frankreich oder Portugal gibt angedacht. 2002 hat eine parlamentarische Enquete-Kommission nach zweijährigen Beratungen entschieden, dass ein gesetzliches Veröffentlichungsverbot für Meinungsumfragen in einem gewissen Zeitraum vor der Wahl nicht sinnvoll ist. Vielmehr wurden die heimischen Medien aufgefordert, sich an Qualitätsrichtlinien zu halten und die genaue Fragestellung, den Kreis der Befragten und die Genauigkeit der Aussagen veröffentlichen.

Politische Bildung gefragt

Werner Zögernitz, Leiter des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen, hält von einem Veröffentlichungsverbot von Meinungsumfragen vor einer Wahl wenig. In Zeiten der Neuen Medien würden sich solche Informationen ohnedies verbreiten, sie würden dann eben nur die Jungen erreichen. Er nimmt vor allem die Medien in die Pflicht, die die oben genannten Angaben zu Art und Durchführung der Umfragen ausweisen müssten und Umfragen nicht als Meinungsbildungsinstrument missbrauchen dürften.

Zögernitz rät dazu, die politische Bildung an den Schulen zu verbessern. Es sei erschreckend gewesen, welche Themen im Bundespräsidentenwahlkampf eine Rolle gespielt hätten. "Der Bundespräsident ist in erster Linie die Visitenkarte Österreichs im Ausland." Aber das habe gar keine Rolle gespielt, vielmehr seien ganze Regierungsprogramme erstellt worden. Politische Bildung sollte der Jugend vermitteln, welche Kompetenzen und Funktionen mit bestimmten Ämtern verbunden sein, sagt Zögernitz. Damit den Menschen klar sei, dass man mit der Entscheidung über den Bundespräsidenten nicht über die Flüchtlingspolitik abstimmt.