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Die US-Gesundheitsreform wird für Barack Obama zum Prüfstein für seine Innenpolitik

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Mit der Gesundheitsreform, die US-Präsident Barack Obama am Mittwochabend zur besten Sendezeit in einer fast einstündigen Pressekonferenz den Amerikanern schmackhaft zu machen versuchte, steht sein zentrales innenpolitisches Reformwerk auf dem Spiel. Die Republikaner setzen in dieser Frage nicht zuletzt deshalb auf strikte Opposition, weil sie dem Präsidenten eine empfindliche Niederlage zufügen wollen. Aber auch Teile der Demokraten sind skeptisch, will Obama die Reform doch zum Teil durch eine Reichensteuer finanzieren und den privaten Krankenversicherungen das gegenüberstellen, was in Europa gang und gäbe ist - staatliche Krankenversicherungen. | Unbestritten ist, dass das US-Gesundheitssystem reformiert werden muss, um es vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Es ist heute das mit Abstand teuerste Gesundheitssystem der Welt. Pro Kopf sind die Gesundheitsausgaben in den USA doppelt so hoch wie etwa in Deutschland. Dazu kommt, dass 47 von rund 300 Millionen Amerikanern keine Krankenversicherung haben. Die Krise und damit verbundene Jobverluste führen dazu, dass sich immer mehr US-Bürger die Prämien für die privaten Krankenversicherungen nicht mehr leisten können. Durch astronomisch hohe Arzthonorare und Krankenhauskosten sind immer mehr Amerikaner gezwungen, ihre Häuser zu verkaufen und sich schwer zu verschulden.


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Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die privaten Versicherer sich über immer höhere Profite freuen.

Obama möchte mit seiner Reform dafür sorgen, dass die Kosten des Gesundheitswesens besser kontrolliert werden - was auch für die Wirtschaftsentwicklung von Bedeutung ist - und alle Amerikaner eine Krankenversicherung haben.

Das ist freilich nicht zum Nulltarif zu haben, und Experten beziffern die Kosten der von Obama angestrebten Gesundheitsreform für die nächsten zehn Jahre mit rund einer Billion Dollar (700 Milliarden Euro). Zwei Drittel dieser Kosten plant der US-Präsident durch Umschichtung von Mitteln und Effizienzsteigerungen hereinzubekommen, der Rest müsste durch Steuererhöhungen aufgebracht werden, um das Haushaltsdefizit, das unter seinem Vorgänger George W. Bush auf Rekordhöhen angestiegen ist, nicht noch weiter ausufern zu lassen.

Hier setzen die Gegner Obamas an und behaupten, durch die Kosten der Gesundheitsreform würden die krisengeschüttelten Unternehmen noch weiter belastet. Auch die Diskussion um eine Reichensteuer, die besonders von den oppositionellen Republikanern entschieden abgelehnt wird, kratzt am Image des US-Präsidenten, dessen Beliebtheitswert binnen sechs Monaten von 72 auf 59 Prozent zurückgegangen ist. Und staatliche Krankenversicherungen gelten vielen Amerikanern als "Sozialismus" schlechthin. Obama hat diese Option in seiner jüngsten Pressekonferenz deshalb auch nur als Korrektivmöglichkeit zu den teuren Privatversicherungen zur Debatte gestellt.

Sollte Obama mit seinen Bemühungen um eine Gesundheitsreform Schiffbruch erleiden, so wäre das ein schwerer politischer Rückschlag ähnlich jenem, den Bill Clinton 1993 erlitten hat, als seine Gesundheitsreformpläne, für die er seine Frau Hillary eingesetzt hatte, am Widerstand des Kongresses scheiterten.

Obama wird deshalb nicht müde zu betonen, dass eine Neupositionierung des Gesundheitswesens eine Grundbedingung für den wirtschaftlichen Erfolg in den nächsten Jahren sein wird.

Siehe auch:

Barack Obama kämpft um seine Gesundheitsreform