Vor 150 Jahren begann der amerikanische Bürgerkrieg, passend zum Jahrestag sprechen Kommentatoren in Washington jetzt von einem "Bürgerkrieg um Steuern und das Staatsbudget". "Die Staatsverschuldung ist die größte Gefahr für die nationale Sicherheit der USA", sagt US-Generalstabschef Mike Mullen.
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Es sieht in der Tat nicht gut aus für die USA: Denn schon am 16. Mai wird die Staatsverschuldung voraussichtlich die vom Kongress verordnete gesetzliche Obergrenze von 14,3 Billionen Dollar erreicht haben - dann droht die Pleite.
Vor einer Woche haben sich Demokraten und Republikaner buchstäblich in letzter Minute auf einen Haushalt für das laufende Jahr verständigt, wenigstens der "Shutdown", die Schließung der Bundesbehörden, wurde abgewendet. Ausgabenkürzungen um fast 80 Milliarden Dollar waren ein klarer Sieg der Republikaner.
Und jetzt pokern sie mit dem drohenden Staatsbankrott. Ihr Schlachtplan für den Schuldenabbau ist ein Angriff auf das Sozialsystem: Die weitgehend staatlich finanzierten Krankenkassen für Rentner und Arme würden faktisch ausgesetzt - die damit in den kommenden zehn Jahren eingesparten 4,3 Billionen Dollar könnten Steuersenkungen ermöglichen.
"Im Moment herrscht in Washington folgende Philosophie", klagte der Ökonomie-Nobelpreisträger Paul Krugman jüngst in der "New York Times": "Die Armen sollen Kürzungen hinnehmen. Die Mittelklasse soll massive Kürzungen in der Krankenversorgung hinnehmen. Und die Reichen müssen Steuersenkungen hinnehmen. Das nennt man dann gemeinsames Opfer!"
"Es muss Schluss sein mit dem no tax-Amerika", konterte Präsident Barack Obama in seiner 44 Minuten langen Grundsatzrede am Mittwoch an der George Washington Universität - und warb um Vernunft und Kompromiss. Man müsse sparen, aber nicht auf Kosten der Armen, der Mittelklasse, der Alten. Man könne die Neuverschuldung schon bis 2015 von derzeit 10 auf 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung senken, ohne den Aufschwung abzuwürgen. Aber man müsse die von George W. Bush eingeführten Steuererleichterungen auslaufen lassen: "Wir können es uns nicht leisten, den Reichen jedes Jahr eine Billion Dollar Steuern zu schenken."
In der Schlacht um die steigende Staatsverschuldung geht es vordergründig um die Frage: Steuern erhöhen oder Steuern senken? Aber dahinter steht der ur-
amerikanische Grundsatzstreit: Welche Rolle soll der Staat im Leben der Amerikaner spielen?
Heute, Freitag, treffen Obamas Unterhändler im Kongress wieder auf die Republikaner. Deren Sprecher John Boehner hat sich - schon bevor Obama seine Rede überhaupt begonnen hatte - festgelegt: "Steuererhöhungen sind inakzeptabel. Darüber diskutieren wir gar nicht."
Der Bürgerkrieg - pardon: der Wahlkampf für 2012 - hat begonnen.