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Die verborgene Harmonie

Von Sabine Ertl

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"Soll ich dir die Nacktheit meines Körpers zumuten, der auch in meinem Leben ein Fremdkörper ist?", heißt es in dem Gedicht "Späte Liebe" von Franz Schuh. Seine Lyrik wie auch die Texte anderer berühmter Literaten wurden vom Jazzmusiker Franz Koglmann vertont. Dass Koglmann stets mit kühler Intellektualität der literarischen Form nachgibt, davon konnte man sich im "Radiokolleg" (Ö1) zum Thema "Wenn Worte klingen - Jazz und Literatur" am Dienstag überzeugen. Dabei tritt er spielerisch den Beweis an, dass alles, was sich vorerst widerspricht, dann doch in nützlichem Einklang wiederfindet. So liefert ihm das Gravitationsfeld von entharmonisierten Tendenzen im Jazz und klassischer Literatur stets neue Betätigungsfelder. Koglmann spricht dabei von einer immerwährenden Verkettung von Interessensebenen des Spielens, Hörens und Experimentierens.

Dass die Forschung auf dem Gebiet der Biometrie ähnlich befruchtend arbeitet, davon informiert das Kolleg "Der Körper als ID-Card". Auch hier geht es um künstliche Gegenwelten und Fremdkörper, wie beispielsweise Überwachungskameras, die bereits auf natürlichem Weg in den Alltag eingedrungen sind. Fehlerhaftes hört man von der Gesichtserkennung, sie soll nur unter klinischen Bedingungen einwandfrei funktionieren. Zu komplex sei das Gravitationsfeld funktionaler und kausaler Einflüsse, meinen die Experten. Vielleicht liegt es aber gar am wandelbar unkontrollierbaren Menschen, um Franz Schuh zu folgen: "Soll ich dir ein paar Geheimnisse meines Geistes verraten, das Innenleben sozusagen, das einem von außen keiner ansieht?".