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Die Verheißung des grünen Wasserstoffs

Wirtschaft

Der Markt für grünen Wasserstoff wird stark wachsen. Europa dürfte jedoch primär Importzentrum bleiben.


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Eigentlich war der Plan, dass die Zillertalbahn schon heuer mittels umweltfreundlichem Antrieb von Jenbach nach Mayrhofen rollt. Anstelle von mehr als 800.000 Litern Diesel jährlich, hätte die Schmalspurbahn künftig mittels Wasserstoffs betrieben werden sollen. "Für die Zillertalbahn ist die Umstellung auf sauberen Wasserstoff die beste Lösung", sagte der Chef der Zillertaler Verkehrsbetriebe Franz Hörl noch im Herbst.

Doch wie eine deutsche Beratungsfirma errechnete, würde eine Inbetriebnahme der Bahn mit Wasserstoff im Gegensatz zu einer Oberleitungsvariante jährliche Mehrkosten von mindestens fünf Millionen Euro verursachen, berichtete ORF Tirol. Nachdem die Corona-Pandmie die erste Fahrt der wasserstoffbetriebenen Bahn verzögert hatte, wird in Tirol nun neu bewertet werden, ob auf Wasserstoff als Energieträger zurückgegriffen werden soll.

Zwei Millionen neue Jobs

Wasserstoff, insbesondere sogenannter grüner Wasserstoff, der vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird, ist aber nicht nur in Tiroler Tourismusorten ein Thema, sondern auch in vielen anderen schwer dekarbonisierbaren Bereichen. Laut einer aktuellen Analyse des Wirtschaftsberaters Deloitte wird der Weltmarkt für grünen Wasserstoff bis 2050 ein Handelsvolumen von mehr als 600 Millionen Tonnen und ein Umsatzvolumen von umgerechnet etwa 1,3 Billionen Euro erreichen. Mit positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, wo laut Deloitte bis zu zwei Millionen neu Jobs entstehen könnten.

"Der Einsatz von Wasserstoff, hergestellt aus erneuerbaren Energien, ist für die Klimawende ein wichtiger Schlüssel. Mit 42 Prozent prognostizierter Nachfrage aus der Industrie und 36 Prozent Nachfrage aus dem Verkehrssektor wird es dafür laut unseren Berechnungen künftig besonders emissionsintensive Abnehmer geben", erklärt Christoph Obermair, Sustainability Lead und Partner bei Deloitte Österreich.

Ein Argument für forcierten Wasserstoffausbau ist zudem das Reduzieren von Abhängigkeiten von Staaten wie Russland, weil es in Teilen der Industrie an der Stelle von Erdgas eingesetzt werden kann. Doch wie das deutsche Wirtschaftsministerium verlautbart, sinf die "heimischen Erzeugungspotenziale für Wasserstoff begrenzt", der Großteil des Bedarfs müsse also "dauerhaft" über Importe gedeckt werden.

Abhängigkeiten bleiben

Europas größte Anlage für die Herstellung von grünem Wasserstoff im spanischen Puertollano hat eine Kapazität von rund 20 Megawatt und steuert damit gerade mal einen Teil des Energiebedarfs einer naheliegenden Düngemittelfabrik bei. 46 Prozent der weltweiten Produktion und 90 Prozent des Handels werden bis 2050 auf die vier Regionen Nordafrika (44 Millionen Tonnen), Nordamerika (24 Millionen Tonnen), Australien (16 Millionen Tonnen) und den Nahen Osten (13 Millionen Tonnen) verteilt werden. Europa hingegen wird neben Japan, Korea und Indien vor allem die Rolle eines Importzentrums zukommen.

Das gilt auch für chemische Elemente wie Scandium oder Iridium, die für bestimmte Formen der Elektrolyse - also der Zerlegung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff mittels Zufuhr elektrischer Energie - benötigt werden. Iridium wird hauptsächlich in Südafrika und Russland als Beiprodukt von Platin und Palladium gewonnen. Auch Nickel, das für eine andere Form der Elektrolyse gebraucht würde, kommt zu großen Teilen aus Russland. Scandium hingegen stammt vor allem aus China.

Andere Länder wie Kanada und die Philippinen böten zwar Abbaupotenzial, allerdings brauche es Jahre, um eine Lagerstätte für die Produktion fit zu machen, sagt Christoph Hilgers vom Karlsruher Institut für Technologie der Deutschen Presseagentur (dpa). Investitionen würden erst dann getätigt, wenn die Nachfrage langfristig abgesichert sei, so Hilgers. Das dauert. Auch Forschung in Richtung neuer Formen der Wasserstoffgewinnung, wie etwa Pyrolyseverfahren, oder Alternativen zu den derzeit verwendeten Elementen sind zeitaufwendig. Zudem müssten die Kosten für grünen Strom weiter sinken, um die Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse anzukurbeln. Energieversorger fordern Förderungen, vor allem in der Anfangsphase. So könnte etwa der Strom, der für die Herstellung von Wasserstoff benötigt wird, subventioniert werden.

Hohe Einsparungspotenziale

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hatten im Juni 2022 die Wasserstoff-Strategie der österreichischen Regierung vorgestellt. Sie sieht bis 2030 über eine halbe Milliarde Euro an Förderungen vor, basiert sowohl auf der Eigenerzeugung als auch auf dem Import und legt fest, dass Wasserstoff dort eingesetzt wird, wo andere Energieträger nicht möglich sind. Bis 2030 sollen 80 Prozent des fossilen Wasserstoffs durch grünen ersetzt sein. Laut Deloitte dürfte sich der Versorgungsmix bis 2050 aus 85 Prozent des Letzteren zusammensetzen. Insgesamt könnten kumulativ bis zu 85 Gigatonnen CO2 eingespart werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind laut dem Beratungsunternehmens Investitionen in Höhe von 8,6 Billionen Euro in die Wasserstoffversorgungskette nötig, davon 2,8 Millionen Euro in Entwicklungsländern. Durchschnittlich seien dies pro Jahr rund 340 Milliarden Euro, was deutlich unter den jährlichen weltweiten Ausgaben für Öl- und Gasförderung liege, die sich 2022 auf rund 380 Milliarden Euro beliefen, heißt es seitens Deloitte.(jm)