Als Lucia R. kürzlich von einem Urlaub zurückkam, staunte sie nicht schlecht: Mehrere österreichische Zeitungen hatten in ihrer Abwesenheit ihren Namen und ihr Foto veröffentlicht - sie sei ermordet worden, als sie ihrem Nebenjob als Prostituierte nachging.
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Zwar war R. offensichtlich weder tot noch eine Prostituierte, dennoch glaubte alle Welt jetzt, sie sei es. Nachdem sie sich von diesem krassen Fall von boulevardjournalistischem Kollateralschaden halbwegs erholt hatte, ging sie an die Aufklärung der Sache. Des Rätsels Lösung: Eine gleichnamige Lucia R. war das Opfer, und die Medien hatten einfach ohne Nachfrage das Facebook-Bild der falschen Lucia R. genommen und abgedruckt.
Ein klassischer Fall für den Medienrichter, weil die betroffenen Medien dazu wohl kaum berechtigt waren - und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um die richtige Person gehandelt hätte. Immerhin wird R. jetzt noch in Jahren entweder für ein Gespenst oder für eine Prostituierte gehalten werden.
Warum die Medien sich so ein Verhalten dennoch erlauben können, ist ganz einfach: Die Strafen (wenn es nicht sowieso zu einem Vergleich kommt) sind lächerlich gering und verlassen in der Regel den vierstelligen Euro-Bereich nicht. Der ideelle Schaden des Opfers ist damit freilich kaum wiedergutzumachen. Solange das so bleibt, wird sich wohl auch an der Recherchegenauigkeit nichts ändern.