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Es bekam einmal ein A1-Kunde im Burgenland eine verrückte Rechnung: Statt wie vereinbart 22 Euro wurden mehr als 500 vorgeschrieben. In Grenznähe können Verbindungen über ausländische Netze laufen, so die lakonische Begründung von A1. Als der Kunde die Zahlung verweigerte und deshalb vom Gericht vorgeladen wurde, sprangen ihm der Bürger und der Volksbildner bei, mit sachlichen Argumenten und auch mit Utopien, die, könnte man Politik ernst nehmen, gar keine sein müssten.
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Bürger und Volksbildner waren empört, weil einen Kunden, der im Zentrum einer Euregio (West-Pannonien) lebt, also inmitten einer Region, die für die Menschen Nahtstelle der Integration sein sollte, hier eine solche Misere erfassen konnte. Aus persönlicher Verbundenheit und im Einsatz für die europäische Idee schrieben sie dem EU-Kommissar für Regionalfragen, Johannes Hahn. Aus dessen Büro erfuhren sie inzwischen, dass die aufgezeigte Problematik mit den Kommissaren für Digitale Agenda und für Binnenmarkt diskutiert werde. Brüssel wolle zudem deren Idee einer europäischen Vergleichsstudie zu derartigen Praktiken weiterverfolgen.
Am Schauplatz Gericht war man wenig beeindruckt. Als Knackpunkt sah der Richter schließlich ein technologisches Gutachten vor, wonach A1 dann Recht bekommen sollte, wenn irgendetwas am Bildschirm die Anwesenheit des Nutzers im ungarischen Netz erkenntlich mache. Eine per Videoschaltung eingespielte A1-Expertin verwies auf entsprechende kleine Zeichen in den Randleisten. Der Kunde war kein Techniker, niemand hatte ihn darauf beim Kauf des Produkts aufmerksam gemacht. Auch Bürger und Volksbildner wären die Zeichen in den Randleisten, wenn es sie auf dem Display des Kunden tatsächlich gegeben hatte, nie aufgefallen oder geläufig gewesen.
Dem Volksbildner stieg eine Ahnung davon auf, dass der Kunde in seiner Rolle als A1-Endtechnologie jämmerlich versagt hatte und nun seine Nachschulung erfuhr. Die Technologie war das Gehäuse des Politischen geworden, das Gericht die pädagogische Institution.
Bürger und Volksbildner schoben den unfähigen Kunden beiseite und versuchten es mit Hinweisen darauf, dass A1 das Problem (und damit sie) nie anerkannt habe, ihnen vielmehr mit Ignoranz und Einschüchterung begegnet sei, alles irgendwie jenseits vernünftigen Gesprächs ablaufe . . . Es wurde mit "Ja, eh, aber das ist wurscht" quittiert.
Nach freundlichem und durchwegs gut gemeintem Zureden des Richters und der Anwälte stimmten die Beklagten (sie hatten keine Rechtsschutzversicherung) einem Ausgleich zu: Der Kunde sofort; er ist gewohnt, über den Tisch gezogen zu werden. Der Bürger nach kurzem Zögern, das aber lang genug war, um zu erkennen, dass nicht nur dem Weltgeist die Sache wurscht ist, sondern auch dem republikanischen. Der Volksbildner zuletzt und seufzend; die Sache war am Ende viel teurer als die Rechnung und bescherte ihm auch die Erkenntnis: Es ist doch besser, zu kuschen und zu zahlen. Zu all dem kommt, dass sein ewiger Freund, der Bürger, ohne zu fragen das Vertrauen in die Vernunft mit einer Rechtschutzversicherung ersetzt. (Das finanzielle Problem wurde mit der Hilfe von Freunden gelöst.)
Hans Göttel ist Geschäftsführer des Europahauses Burgenland.