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Die verschleierte Herkunft

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Rinderlasagne darf kein Pferdefleisch enthalten, Schwein in Putensalami erlaubt.


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Wien. Nach dem Pferdefleisch-Skandal fragen sich Verbraucher, worauf beim Einkaufen noch Verlass ist. "Wenn Rindfleisch auf der Verpackung draufsteht und Pferdefleisch drinnen ist, ist das eine klare Irreführung der Konsumenten", sagt Birgit Beck, Ernährungswissenschafterin vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Allerdings darf eine Putensalami laut österreichischem Lebensmittelkodex Schweinespeck enthalten, und in der Kalbsleberstreichwurst müssen nur fünf Prozent Kalbsleber drinstecken. Nicht erlaubt ist, dass eine Putenwurst zur Hälfte aus Schweinefleisch besteht, wie sie in Deutschland von einem Hersteller verkauft und von Verbraucherschützern beanstandet wurde.

Die Inhaltsstoffe sind in der Zutatenliste auf dem Produkt anzugeben. "Die EU geht von einem mündigen Bürger aus, der die Zutatenliste versteht", sagt Beck.

Dschungel an Gütesiegeln

"Die Mehrheit der Verbraucher spricht sich für eine klare Herkunftskennzeichnung auf den Lebensmittelverpackungen aus", verweist Beck auf eine Umfrage, die von der Europäischen Konsumentenorganisation (BEUC) in Österreich, Schweden, Frankreich und Polen durchgeführt wurde.

Beck rät, zu Lebensmitteln mit österreichischer Herkunft zu greifen. Das AMA-Gütesiegel garantiert bei frischen Produkten, dass der wertbestimmende Rohstoff aus Österreich stammt. Bei Fleisch muss das Tier in Österreich geboren, gefüttert und geschlachtet worden sein. Bei Rohstoffen, die hierzulande nicht wachsen oder zu wenig davon vorhanden ist, darf ein Drittel der Zutaten aus dem Ausland stammen. "Das gilt beispielsweise für Bananen-Fruchtzubereitung fürs Joghurt oder Pfeffer in der Pfeffersalami", sagt Manuela Göll, Sprecherin der AMA-Marketing. Für verarbeitete Produkte wird kein AMA-Gütesiegel vergeben.

Daneben gibt es viele Zeichen von den Herstellern selbst. "Der Logodschungel in Österreich ist uns bewusst. Das AMA-Gütesiegel und -Biozeichen sind die einzigen staatlichen Zeichen", betont Göll.

Bei verarbeiteten Produkten wie Tortellini und Lasagne ist der Herkunftsnachweis hingegen nicht verpflichtend. Hier muss lediglich ein Unternehmen als Kontakt ersichtlich sein. Bei Milch und Fleisch weist der Ländercode darauf hin, wo die Ware verpackt wurde - aber nicht, woher die Rohstoffe stammen.

Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich wird beim kommenden EU-Agrarministerrat in Brüssel eine Art "Lebensmittel-Reisepass" vorschlagen. Dieser soll auch bei verarbeiteten Produkten über Herkunft der wesentlichen Zutaten informieren.

Einige Hersteller verschleiern die Herkunft aber bewusst, sagt BEUC-Generaldirektorin Monique Goyens: "Produzenten bemühen sich sehr, Konsumenten zu überzeugen, die von ihnen erzeugten Nahrungsmittel haben einen speziellen regionalen Charakter. Deutscher Fetakäse, der mit griechischer Schrift angepriesen wird, oder chinesische Tomatensoße mit der italienischen Flagge sind miese Marketingtricks, um Verbraucher in die Irre zu führen. Solche unehrlichen Praktiken sollten gestoppt werden."

Selber kochen als Ausweg

Ernährungsexperten raten indes, den Fleischkonsum auf zwei bis drei Mal pro Woche zu beschränken. Laut Ernährungsbericht essen die Österreicher, vor allem Männer, zu viel Fleisch und Wurst. 65,6 Kilogramm Fleisch sind es im Durchschnitt jährlich pro Kopf.

Einen hundertprozentigen Schutz vor Betrug gebe es nie, verweist Beck auf den Dioxin-Skandal, bei dem belastetes Schweinefleisch und Eier in den Handel gelangten. Sie rät: "Wer wissen möchte, was er isst und wo es herkommt, sollte Grundnahrungsmittel als Basisprodukte kaufen und selber kochen."