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"Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich." Das laut diesem Bonmot von Mark Twain ungefährlichste Lebensmittel ist auch das für die Existenz von Leben unentbehrlichste. Dem gerade in Marseille tagenden Weltwasserforum 2012 mit mehr als 20.000 Teilnehmern aus mehr als 100 Staaten gebührt daher besondere Beachtung. Der Bevölkerungsanstieg auf mehr als sieben Milliarden Menschen, der erhöhte Bedarf an Nahrung und Energie sowie der Klimawandel gefährden die Trinkwasservorräte. Laut UN-Schätzungen werden 2025 rund zwei Drittel der Erdbevölkerung unter Wasserknappheit leiden.
Während laut UNO bereits 89 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu sauberem Trinkwasser haben - damit sei ein UN-Millenniumsziel sogar vor 2015 erreicht -, gibt der private Wasserversorgerverband Aquafed an, dass mehr als die Hälfte der Menschheit mit Wasser leben müsse, dessen Qualität bedenklich sei. Und von den 3,8 Milliarden Menschen, die Trinkwasser aus Wasserleitungen beziehen, haben laut Aquafed mindestens 1 Milliarde nur stundenweise Zugang dazu.
Betrachtet man die hygienischen Verhältnisse - 64 Prozent der Weltbevölkerung verrichten ihr "Geschäft" unter freiem Himmel, 14 Prozent trinken aus Gewässern, die auch von Tieren genutzt werden, in ärmeren Ländern gibt es fast keine Kanalisation, bis zu 90 Prozent des verbrauchten Wassers fließen ungeklärt in Flüsse, Seen oder ins Meer -, ist es nicht sehr verwunderlich, dass jährlich 3,5 Millionen Menschen, meist Kinder, wegen schlechter Wasserversorgung sterben. "Das sind sieben Tote pro Minute", rechnet Alain Boinet, Chef der Nichtregierungsorganisation (NGO) Solidarites Internationales, vor.
"Zeit für Lösungen" lautet das Motto in Marseille. Vor allem die NGOs, die das Forum 2009 in Istanbul als Ansammlung von Plattitüden kritisierten und heuer ein alternatives Wasserforum organisieren, fordern echte Aktionspläne. Die zunehmend angezapften Grundwasserreserven müssten genauer erfasst und nachhaltiger genutzt werden. Die großen Konzerne, die Wasser vermarkten wollen, ernten Kritik. Auch die Vatikan-Delegierte Flaminia Giovanelli erklärt: "Wir appellieren, Wasser als Allgemeingut anzusehen und nicht als Ware."
Martin Geiger, Wasser-Experte des WWF, spricht von einer "globalen Wasserkrise", in der die Tatsache, dass neun Staaten über mehr als 60 Prozent aller Süßwasservorkommen verfügen, zum "Brandbeschleuniger" werden könne. Das Wasserforum in Marseille ist aufgerufen, das nötige Löschwasser zu finden.