In Sachen Effizienzsteigerung will der neue Wiener Magistratsdirektor Dietmar Griebler keinen Bereich auslassen.
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Er kennt das Wiener Rathaus in- und auswendig: 1997 kam Dietmar Griebler in die damalige MA 4 (Allgemeine Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten), wechselte 2001 in die MA 5 (Finanzwesen), übernahm 2006 die Leitung der Präsidialabteilung des Bürgermeisters und 2008 zusätzlich die Funktion des Bereichsleiters für Dezentralisierung der Verwaltung der Stadt Wien. Ab Jänner 2013 leitete der studierte Jurist und Verwaltungsmanager die MA 5 (Finanzwesen), seit Juni 2013 auch als Finanzdirektor der Stadt Wien - und jetzt hat er die höchste administrative Funktion der Stadt Wien inne: Er ist Magistratsdirektor. In einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung" spricht er über die Herausforderungen, die Wien in den nächsten Jahren zu bewältigen hat.
"Wiener Zeitung": Wie fühlt man sich als frischgebackener Wiener Magistratsdirektor?Dietmar Griebler: Da ich auch im Finanzbereich immer wieder mit ähnlichen Fragestellungen wie der Magistratsdirektor zu tun hatte, war das eigentlich ein sehr unaufgeregter Übergang für mich. Ich habe natürlich meinen Dienstort gewechselt, aber ansonsten fühle ich mich jetzt genauso, wie ich mich auch früher gefühlt habe, wenn ich ins Büro gegangen bin.
Wo sehen Sie als Magistratsdirektor die Herausforderungen der kommenden Jahre vor dem Hintergrund eines in Europa stattfindenden Krieges, der Teuerung und der noch immer nicht überwundenen Pandemie?
Es geht eben um diese von Ihnen genannten globalen Herausforderungen und um die Tatsache, dass die Stadtverwaltung keine klassische Verwaltung mehr ist. Denn wir müssen raus aus dem Gas. Und wir müssen die Stadt zukunftsfit machen, Infrastrukturinvestitionen nicht nur für Nahverkehr, sondern auch für die Gesundheitseinrichtungen bereitstellen - und das alles vor dem Hintergrund einer wachsenden Stadt.
Wie sehr wird sich Ihre Handschrift von jener Ihres Vorgängers unterscheiden?
Ich habe einen Arbeitsstil, der in Richtung Effizienz und Effektivität geht. Und ich habe sehr großes Vertrauen in das Haus und in die Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich bin kein Fan davon, dass man Externe dort heranzieht, wo es nicht unbedingt notwendig ist. In der Finanzverwaltung bin ich damit sehr gut gefahren und ich bin überzeugt, dass auch alle anderen damit einverstanden sind.
Könnte es ein Hinweis darauf sein, dass große Einsparungen in der Verwaltung zu erwarten sind, weil man Sie als ehemaligen Finanzdirektor zum Magistratschef gemacht hat?
Ich habe mich im Zuge einer Ausschreibung beworben und ich gehe davon aus, dass ich genommen wurde, weil ich eine gute Performance hingelegt habe. Dass ich über eine lange Zeit Finanzdirektor war, kann für mich vielleicht ein Vorteil gewesen sein, weil ich die Strukturen des Magistrats sehr gut kenne.
Stichwort Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (PID) - böse Zungen behaupten, dass Sie überspitzt gesagt Kommunikation für einen Irrtum halten - würde es vielleicht im PID Einsparungspotenziale geben, zumal die Oppositionsparteien immer wieder kritisieren, dass die Stadt so viel für Eigenwerbung ausgibt?
Gerade in der Pandemie haben wir deutlich gesehen, wie wichtig es ist, richtig nach außen zu kommunizieren. Insofern halte ich Kommunikation nicht für einen Irrtum - ganz im Gegenteil: Man muss kommunizieren und es sind die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen.
Also hier keine Einsparungen?
Natürlich kann man sich überlegen, wo man in dem einen oder anderen Bereich nachschärft, denn auch hier wie überall anders geht es darum, die Mittel so effizient und effektiv wie nur möglich einzusetzen.
In welchen anderen Bereichen gibt es Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung?
Ich möchte da gar keinen Bereich auslassen - es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten. Wir haben das in der Pandemie gesehen: Niemand hätte es für möglich gehalten, dass eine Verwaltung dermaßen schnell auf digitale Administration umstellt. Und wir haben es sogar geschafft, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen bzw. auch auf jene Rücksicht zu nehmen, die nicht diesen technischen Zugang haben.
Aber herrscht nicht gerade bei der für die Digitalisierung zuständige MA 01 Handlungsbedarf? Die musste sich bis vor der Pandemie salopp gesagt nur darum kümmern, dass die Computer laufen - für Innovationen gibt es nach wie vor nur das mit einem Dutzend besetzte PACE-Team, und Insider sind der Meinung, dass es hier dringend ein Organisationsentwicklungsprojekt braucht - aber das wäre momentan nur mit Fremdleistungen möglich.
Die Herausforderungen, die von der EDV einer Gebietskörperschaft bewältigt werden müssen, sind unfassbar: Wir haben drei Millionen Angriffe im Monat auf elektronische Dienstleistungen der Stadt und es muss ständig sichergestellt werden, dass das Backbone der Stadt nicht infiltriert wird und alles funktioniert. Es kann sein, dass die MA 01 zusätzliche Ressourcen braucht, was die Softwareprogrammierung betrifft - wo das erforderlich ist, gibt es natürlich die Möglichkeit, nachzuschärfen. Denn noch einmal: Die klassische Verwaltung, in der wir mit Stempel und Formularen agieren, gibt es nur noch sehr eingeschränkt. Die Verwaltung ist mittlerweile ein High-Tech-Betrieb geworden.
Trotzdem gibt es noch Baustellen wie etwa beim Einbürgerungsamt.
Die Kritik ist immer leicht ausgesprochen. Gerade bei Staatsbürgerschaftsangelegenheiten handelt es sich um eine Materie, wo der Bundesgesetzgeber vorgibt, welche Unterlagen beizubringen sind, wie das Verfahren abzuwickeln ist. Wir sind auch dort bemüht, den elektronischen Akt flächendeckend einzuführen. Außerdem hat es schon viele Verbesserungen gegeben und wir werden weiter darauf schauen, dass diese Dienstleistungen noch besser werden.
Wie machen Sie das?
Wie in allen anderen Bereichen auch: durch das Analysieren der Prozesse sowie der unmittelbaren Entscheidungswege, um entsprechende Maßnahmen daraus abzuleiten. Darauf zu schauen, dass Dienstwege nicht hin und her delegiert werden, sondern jeder seine Verantwortung und seine Entscheidungskompetenz wahrnimmt - natürlich unter Einhaltung der Rechtsvorschriften.
Sind Sie ein Freund der Dezentralisierung?
Gerade in Wien sieht man, dass eine dezentrale Vorgangsweise viele Vorteile hat, wie man das in der Pandemie am Wiener Weg gesehen hat. Wenn man aber zentralisiert, dann lehnt sich jeder zurück und verlässt sich auf die Zentrale. Es ist ein altes Verwaltungsverständnis, mit Hierarchie zu agieren. In einer modernen Dienstleistungsverwaltung ist das Gemeinsame, der Austausch und das Anhören anderer wichtig, um eine Letztentscheidung treffen zu können.
Apropos Entscheidungskompetenz - wie viel Einfluss hat eigentlich die Politik auf die Verwaltung, inwieweit kann sich der Bürgermeister in Ihre Angelegenheiten einmischen?
Wir haben eine sehr ausgeprägte Zusammenarbeit. An den Schnittstellen zwischen Politik und Verwaltung ist es relevant, dass ein reger Austausch stattfindet und dass jeder seine Meinung äußern kann. Und ich muss sagen, dass ich in meiner 28-jährigen Tätigkeit bei der Stadt immer ein sehr konstruktives Klima erlebt habe und die Arbeit stets konsensual abgelaufen ist. Mit Machtausübung hatte das nie etwas zu tun - es geht immer darum, die Entscheidungen so zu treffen, dass sie für die Bürgerinnen und Bürger und auch für die Stadtverwaltung am besten ausfallen.