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Die Verwirklichung der "Euro-Vision" als Vorgabe

Von Brigitte Pechar

Europaarchiv

Bei den EU-Wahlen 1996 konnte Ursula Stenzel der Volkspartei mit 29,7 Prozent einen jahrelang entbehrten Wahlsieg einfahren. Die ÖVP-Werbestrategen bauen auch in diesem Wahlkampf allein auf ihre | Spitzenkandidatin, "die Stimme Österreichs".


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Stenzel kann mit soviel Personality-Show als Fachfrau hinter der Kamera sehr gut umgehen und betont ausdrücklich, daß sie einen Persönlichkeitswahlkampf führt, für den sie auch bereit ist,

Verantwortung zu übernehmen. Wie das Duell der Journalisten Stenzel contra Martin ausgehen wird (Schüssel: "Das ist das Match"), darauf darf man gespannt sein.

ÖVP-Klubobmann Andreas Khol ist davon überzeugt, daß mit der von ihm eingeläuteten Rapidviertelstunde der Abstand von etwa zwei Prozent auf die laut Umfragen knapp führende SPÖ aufzuholen ist.

Schließlich habe die ÖVP "Profis, die die Spielregeln am europäischen Parkett beherrschen und sicher keine Amateure", feuerte Schüssel beim Wahlkampfauftakt am 12. Mai in der Wiener Hofburg eine

Spitze gegen den Newcomer Hans-Peter Martin ab.

Warum sollte man eigentlich am 13. Juni ÖVP wählen? Das hat Stenzel schon hunderte Male im Wahlkampf beantwortet: "Weil wir Politik machen für die besten Chancen der österreichischen Jugend

in der EU, für die besten Voraussetzungen für Österreichs Wirtschaft, um wettbewerbsfähig zu sein und somit nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen."

"Die Neutralität hat

ihre Funktion verloren"

Auch am Hauptthema, Sicherheit und Neutralität, kann die VP-Delegationsleiterin im Europaparlament nicht vorbei. Die EU sei der sicherste Garant für Frieden. Die SPÖ-Neutralitätslinie kritisiert

sie als "verwerfliche Diskussion zur Stimmenmaximierung". Das bestmögliche Maß an Sicherheit für Österreich setze voraus, "daß unser Land voll berechtigt an einer europäischen Friedensordnung

teilnimmt". Dazu zähle die Teilnahme an UNO-Aktionen, an UNO-Sanktionen und an der Partnerschaft für den Frieden. Neutraliät habe nie ein Sicherheitskonzept ersetzt, sie habe in Zeiten des

Kalten Krieges ihre Berechtigung gehabt, jetzt "hat die Neutralität ihre Funktion verloren". Bei dieser Wahl gehe es nicht um einen "Probegalopp" für die Nationalratswahlen, auch nicht um eine

Abstimmung über NATO-Beitritt oder Neutralität, sondern einzig darum, "wer eine Euro-Vision realisieren will und kann".

Zu einer künftigen Friedensordnung gehöre auch die EU-Erweiterung. Sie überwinde nicht nur die alte Teilung Europas, sondern schaffe auch bei uns Arbeitsplätze. Auch Stenzel fordert von den

Beitrittskandidaten Reformen, eine demokratische Grundordnung, Anpassung an europäische Sozialstandards und Kooperationsbereitschaft im Bereich der Kernkraftwerke und der Verbrechensbekämpfung ein.

Entschieden wendet sich Stenzel gegen einen Zentralstaat Europa und vergleicht die EU gerne mit einem Auto: "Wenn sie ihr Auto zum Mechaniker geben, wollen sie nur, daß ihr Auto dann wieder fährt,

ohne Details über die Reparatur zu erfahren. So soll das auch in der EU sein, sie soll funktionieren."