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Sind Pakistanis Bandenchefs, Mitwirkende und vielleicht sogar Opfer?
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Wien. Vorerst ist es ein Verdacht. Der könnte, muss aber nicht schwerwiegender Natur sein, auch wenn es um Schlepperei geht. Doch auch dieser Delikt hat verschiedene Gesichter. Klar ist nur, dass am Dienstag drei pakistanische Flüchtlinge, die im Servitenkloster untergebracht waren, wegen des Verdachts auf Schlepperei festgenommen wurden, ein vierter Verhafteter ist nicht Teil der Gruppe des Servitenklosters.
Welche Art der Mittäterschaft den Flüchtlingen genau angelastet wird, war nicht in Erfahrung zu bringen, das ermittelnde Bundeskriminalamt schweigt sich dazu mit Hinweis auf die laufenden Untersuchungen aus.
Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten, egal aus welchen Motiven, tun dies selten via Flugreise. Sie würden dafür Visa benötigen, die sie nicht erhalten, teilweise verfügen sie nicht einmal über Pässe. Deshalb sind sie auf ihrer Flucht auf Helfer angewiesen. Menschen, die wissen, wie sie über die Grenzen kommen und den Transport organisieren.
Wer zum unberechtigten Grenzübertritt verhilft, macht sich zwar nicht strafbar, wohl aber stellt es eine Verwaltungsübertretung dar, die mit bis zu 1000 Euro geahndet wird - selbst wenn das Leben der Geflüchteten in deren Heimat bedroht ist. Strafbar wird die Hilfe wenn Paragraf 114 des Fremdenpolizeigesetzes erfüllt ist, wenn jemand die "rechtswidrige Einreise [. . .] mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern". Das ist laut Gerald Tatzgern, Leiter der "Soko Schlepperei", auch der Regelfall.
Schuld wird abgearbeitet
Doch wie Urteile in Österreich zeigen - 2011 wurden rund 120 Personen wegen Schlepperei verurteilt - ist die Bandbreite groß; von ein paar Monaten bedingter bis zu acht Jahren unbedingter Haft. Wie Tatzgern erzählt, komme es auch vor, dass Menschen, denen die Flucht via Schlepper gelungen ist, die Kosten für den Transport in die EU abarbeiten müssen - mitunter eben auch durch Mitwirkung bei weiteren Schleppaktionen. In diesem Fall, den Tatzgern auch bei den Pakistanis aus dem Servitenkloster "nicht ausschließen will", wird der Täter auf einmal zum Opfer.
Sogar wer nach einer Flucht daheim anruft und Bekannte an jene Schlepper verweist, die zum erfolgreichen Transport nach Österreich verholfen haben, könnte sich bereits der Schlepperei schuldig machen, das gibt das Gesetz her. Schließlich wird dadurch "gefördert", dass sich "ein Dritter" bereichern kann.
Die andere Seite der Schlepperei sind freilich international operierende Banden, die enorme Summen für eine Flucht verlangen, die rücksichtslos agieren und das Leben der Flüchtlinge gefährden. Nicht wenige Verzweifelte sterben jedes Jahr bei ihrer Flucht, ertrinken im Mittelmeer, ersticken irgendwo in ihrem Versteck in Kleinbussen. Zwischen diesen Seiten gibt es noch viel Raum. "Allein in Griechenland gibt’s unzählige kleine Zellen, die ihr Kleingeld mit dem Schleppen machen." Es sind kleine Fische, die oft sonst nichts haben.
Welche Rolle die im Servitenkloster Festgenommenen bei den Schleppaktionen gespielt haben, wird wohl erst in einigen Monaten klarer werden. "Wichtig ist, dass es jetzt nicht zu Vorverurteilungen kommt", sagt Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner. "Wie für ehemalige Minister muss auch für die Flüchtlinge die Unschuldsvermutung gelten."