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Die Vielfalt braucht niemand

Von Ina Weber

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Ina Weber.

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An heißen Tagen schaltet sich der Kalorienzähl-Knopf im Kopf automatisch ab. Besser gesagt, "es" zählt erst gar nicht als Süßigkeit, sondern ist eine nicht weiter hinterfragte Notwendigkeit, die Frage danach wird automatisch ohne Gewissen mit "Ja" beantwortet. Ja, wir gehen Eis essen. Lässig, leicht schlurfenden Schrittes, mit Plastikknuppel zwischen den Zehen werden die riesigen Kühlregale der Supermarktketten angepeilt, die namenlosen kleinen Bezirks-Eislokale nur, wenn es nicht anders geht. Dann doch lieber ein paar Stationen mit der Bim zum hippen Eissalon, der jetzt auch noch an den schwarzen Star der letzten Fußballübertragung erinnert. Ob am Holzstiel, im Plastikrohr, in der Knuspertüte oder im Becher - die Form ist egal, Hauptsache es gibt sie, die Lieblingssorte der Österreicher: Der Eis-Oscar geht wie jedes Jahr nicht an Maroni, Mohn, Nougat, Apfel-Zimt, Mango Joghurt, Himbeer-Obers, Cashew Sauerrahm, Chocolate Chips, Grießkoch-Eis, Frozen Yoghurt, Rhabarber, Ribisel, Nougat-Nuss-Ei, Cookies, Caramel, Birne, Pistazie. Er geht auch nicht an die Innovationen dank Allergiker mit Schafmilch-, Soja- oder veganem Eis. Nein, das Lieblingseis der Österreicher ist auch nicht Schokolade! Aber fast. Es ist: Vanille. Die Königin der Gewürze hält uns in ihrem Bann. Deshalb sind wir noch lange nicht leicht zu befriedigen. Wir wissen halt, was gut ist. Das komplexe Eissortiment hinuntergebrochen, läuft eben immer alles auf eines hinaus. Im Englischen heißt das Vanille-Eis nicht umsonst "Blümchensex". So sind wir eben, brav, anständig und bescheiden.