SPÖ und FPÖ besiegeln am Freitag ihre Partnerschaft im Burgenland. | Die FPÖ bekommt das Sicherheitsressort, Asyl bleibt ein rotes Tuch.
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Eisenstadt. "Hätt i, war i, tat i. Wir haben das unterschrieben mit der FPÖ und das gilt jetzt." Mit diesen Worten besiegelt Hans Niessl, früherer und neuer SP-Landeshauptmann im Burgenland, die erste rot-blaue Koalition in der Landesgeschichte. Passend dazu trägt Niessl bei der Antrittspressekonferenz auch eine violette Krawatte.
Von den sieben Regierungssitzen gehen zwei an die FPÖ. Klubobmann Johann Tschürtz wird Landeshauptmann-Stellvertreter und ist künftig für das Ressort Sicherheit zuständig. "Als ehemaliger Polizist" sei Tschürtz für dieses Ressort bestens geeignet, sagte Niessl. Alexander Petschnig (FPÖ) ist künftig für das Ressort Wirtschaft und Tourismus zuständig. Die fünf roten Regierungsmitglieder werden erst am Montag vorgestellt. Asyl, also jenes Thema, von dem die FPÖ bei den Wahlen stark profitiert hat, bleibt jedenfalls in roter Hand.
Trotz massiven Widerstands seiner Parteigenossen auf Bundesebene und unter den jungen Parteifunktionären verteidigt Niessl die Koalition mit der FPÖ: "Aus demokratiepolitischen Gründen ist das nachvollziehbar." Die FPÖ sei drittstärkste Partei und habe bei den Wahlen vergangenen Sonntag am stärksten zugelegt. Zur Erinnerung: Die SPÖ kam auf 41,9 Prozent und verlor damit über sechs Prozentpunkte. Die FPÖ hat ihr Ergebnis hingegen fast verdoppelt und kam auf 15 Prozent. Das könne man nicht ignorieren, so Niessl.
Es ist nicht nur die erste rot-blaue Koalition in der einstigen SPÖ-Hochburg, sondern es handelt sich vermutlich auch um die schnellsten Regierungsverhandlungen in der Geschichte des Burgenlands. Nach nur zwei Tagen "intensiver und langer" Verhandlungen konnten sich beide Parteien auf ein 38 Seiten langes Regierungsprogramm einigen - von Arbeitsmarkt bis Wirtschaft.
Rot-Blau vorher schon fix?
Einige politische Beobachter äußerten den Verdacht, dass "das Programm schon davor verhandelt" wurde. Auch Politologe Peter Filzmaier ist überrascht über die Blitzeinigung. "So schnell ein Regierungsprogramm auszuhandeln, das die nächsten fünf Jahre halten soll", sei unüblich. Normalerweise dauerten Verhandlungen länger, meint Filzmaier im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Also entweder habe die FPÖ allem zugestimmt, um ja nur in die Regierung zu kommen; oder umgekehrt. "Oder aber sie haben alles schon vorher ausverhandelt", sagt der Politologe.
Im Burgenland will man von solchen Anschuldigungen nichts hören. "Das ist nicht richtig. Wir haben mit dem Regierungsvertrag bei den Sondierungsgesprächen begonnen. Wer etwas anderes behauptet, lügt", sagt Herbert Oschep, Sprecher von Hans Niessl, zur "Wiener Zeitung".
Das vorher Ausverhandeln wäre, anders als die Koalition selbst, kein Präzedenzfall gewesen. Im Dezember 2006 ist ein Geheimpapier aus dem Mai 2005 aufgetaucht, das die Zusammenarbeit zwischen SPÖ und FPÖ nach den damaligen Landtagswahlen regeln sollte; inklusive lukrativer Posten für FP-Politiker. Dieses Papier war von Manfred Kölly, damals einziger FPÖ-Bürgermeister im Burgenland, und Georg Pehm, damaliger Landesgeschäftsführer der SPÖ Burgenland, unterzeichnet. Es wurde allerdings nie umgesetzt, und Kölly wurde nach der Veröffentlichung demontiert.
Die rot-blaue Variante stürzt die Bundes-SPÖ in schwere Kalamitäten. Bisher galt: Die SPÖ koaliert nicht mit den Blauen. Seit dem rot-blauen Kuscheln in Eisenstadt ist alles anders, und es stellt sich nun die Frage, ob der Parteivorsitzende Werner Faymann seine Landesparteichefs noch im Griff hat.
Die oberösterreichische SP-Nationalratsabgeordnete Daniela Holzinger verteidigt Faymann in dieser Sache. Es wäre kein gutes Zeichen für die innerparteiliche Demokratie, wenn "eine Person anschafft". Rot-Blau im Burgenland will die Oberösterreicherin dennoch nicht als positiv bewerten. Von Sozialdemokraten mitverantwortete Politik dürfe weder "rassistisch noch fremdenfeindlich" sein, gleichzeitig würde ein Ausschluss der FPÖ aus Koalitionsüberlegungen bedeuten, dass sich die "SPÖ völlig an die ÖVP ausliefert". Aus der oberösterreichischen SPÖ, wo im September gewählt wird, ist zu hören, dass eine Zusammenarbeit mit der FPÖ dort nicht in Frage kommt. Die FPÖ löse keine Probleme, sondern schaffe welche, meint ein hochrangiger SP-OÖ-Funktionär, "siehe Hypo Alpe Adria, siehe Sozialkürzungen unter Schwarz-Blau, siehe die von der FPÖ verursachten Mietpreissteigerungen in Oberösterreich".
Großes Fragezeichen Graz
Indes laufen die Koalitionsverhandlungen in der Steiermark weiter. Dort halten sich die "Reformpartner" SPÖ und ÖVP über etwaige Inhalte allerdings bedeckt. Am Freitagnachmittag schloss der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) Verhandlungen mit der FPÖ per Aussendung aus. "Die FPÖ beheimatet gerichtlich verurteilte ,Wiederbetätiger und Hetzer‘", wird Voves zitiert, der auch an die ÖVP appelliert, nicht mit den Blauen zu verhandeln.
Dieser Appell stößt bei der Volkspartei allerdings auf taube Ohren. Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer kann sich nämlich laut "Presse" neben einer Dreierkoalition auch eine Zweierkoalition mit der FPÖ vorstellen, ohne rote Beteiligung.