Zum Hauptinhalt springen

Die Visitenkarte aus Stoff

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Kleidung in den typischen Farben des Unternehmens macht Mitarbeiter rasch für Kunden erkennbar - auch bei AUA, Westbahn und Billa.
© Fotos:Westbahn, Austrian Airlines, Roland Unger

Corporate Fashion folgt kaum Modetrends, sondern sollte zeitlos wirken.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Ostblock-Charme" versprüht die Uniform der Westbahn laut Kritikern. Besonders die Kopfbedeckung - entworfen von den Grafik- und Design-Verantwortlichen der Westbahn - traf beim Start im Dezember auf geteilte Meinungen. Dass eine Arbeitskleidung solche Reaktionen hervorruft, zeigt ihre Bedeutung: Einheitliches Auftreten in den Firmenfarben und mit dem Logo und Schriftzug (Corporate Fashion) gehört zum Marketingauftritt eines Unternehmens.

"Die Mitarbeiter sind die Visitenkarte unseres Unternehmens. Mit einer Uniform werden sie auch an ausländischen Flughäfen rasch erkannt", sagt Amir Aghamiri, Head of Brand Management und Uniform Services bei Austrian Airlines (AUA). Laut Michael Peter Walter, dem Geschäftsführer von Der Walter Berufskleidung, macht es einen besseren Eindruck auf Kunden, wenn das Personal sauber und adrett gekleidet ist - egal ob im Beisl ums Eck oder im Fünf-Stern-Hotel.

Modetrend vs. Zeitlosigkeit

Weil ein Design oft mehrere Jahre lang getragen wird, sollte Arbeitskleidung zeitlos wirken. "Modetrends haben wenig Einfluss auf Corporate Fashion, weil Farbe und Design meist an das Firmenlogo angepasst werden", sagt Hans-Jörg Debortoli, Produktmanager für Corporate Fashion bei der Getzner Textil AG in Bludenz. Das Vorarlberger Unternehmen produziert unter anderem Hemden und Blusen für die Fast-Food-Kette McDonald’s.

Langfristige Modetrends halten aber auch in der Arbeitskleidung Einzug: Gab es früher oft ein Einheitshemd, so werden Blusen nun tailliert geschnitten oder mit Ziernähten versehen. Und bei der AUA zum Beispiel hat sich ein figurbetonterer Schnitt (Slim Fit) für Herren durchgesetzt.

Alltagstauglichkeit und Tragekomfort stehen im Vordergrund, weil Arbeitskleidung wesentlich öfter getragen wird als private Kleidung. Wegen der starken Beanspruchung zählt auch die Langlebigkeit: Bei der Auswahl des Stoffes kommt es zum Beispiel darauf an, ob die Mitarbeiter ihre Arbeitskleidung selber waschen oder die Reinigung von Mietwäschereien erledigt wird, die meist mit höheren Temperaturen waschen als daheim üblich.

Nicht immer ist die ursprüngliche Idee von Designern oder Werbeagenturen zu verwirklichen: Ein Firmenlogo mit vielen Farben kann beispielsweise schwer eins zu eins auf Textil gedruckt werden, und runde Abschlüsse eines Kleidungsstücks produzieren viel Stoffverschnitt und damit Mehrkosten. Und manchmal zeigt erst ein Tragetest, dass der verwendete Stoff als unangenehm empfunden wird oder man in einem Kleidungsstück stark schwitzt.

Besonders bei Fluglinien steht Arbeitskleidung im Fokus - bei der AUA tragen 5000 Personen Uniform, darunter Flugbegleiter, Piloten, Bodenmitarbeiter und Techniker. "Die Uniform ist ein sehr emotionales Thema. Die Mitarbeiter sollen sich darin wohlfühlen, aber man kann nicht den persönlichen Geschmack jedes Einzelnen treffen", sagt Aghamiri. Bei der Einführung von neuen Designs gebe es deshalb großen Kommunikationsbedarf.

Zusätzlich zu den gängigen Größen werden oft untersetzte und langgestellte Schnitte angeboten. Damit jedem Beschäftigten sein Outfit passt, wurde beispielsweise von jedem Mitarbeiter von Spar Gourmet und der Pappas-Gruppe Maß genommen, erzählt Walter, dessen Firma die beiden Unternehmen ausstattet.

Wie viele Teile ein Mitarbeiter erhält, variiert: Manchmal ist es nur ein Poloshirt oder eine Schürze mit Firmenaufdruck, manchmal eine Komplettausstattung mit mehreren Hemden, Hosen und Sakkos samt Krawatten oder Halstüchern. Bei Billa kann die neue Arbeitskleidung in Rot aus einem Baukastensystem selbst zusammenstellt werden. Das AUA-Personal wird bis zu den Schuhen hin eingekleidet - Reinigung inklusive.

Von Unternehmen und Branche abhängig ist auch, ob Mitarbeiter für ihre Arbeitskleidung zahlen müssen. Die Westbahn beispielsweise stellt Hemd, Gilet, Sakko oder Blazer, Outdoor-Jacke sowie Outdoor-Weste kostenlos zur Verfügung. Kombiniert werden die Kleidungsstücke in den Farben der Westbahn mit den eigenen Jeans der Mitarbeiter. Auch das AUA-Personal bekommt die Grundausstattung kostenlos, danach können zusätzliche Kleidungsstücke von einem Punktekonto bezahlt werden.

AUA startete 1969 mit Tracht

"Wenn der Außenauftritt mit dem Logo geändert wird, muss auch die Kleidung angepasst werden", sagt Walter, dessen Unternehmen auch für die Arbeitskleidung von Plachuttas Gasthaus zur Oper verantwortlich ist: Schürzen mit Ledergürtel. Kleine Änderungen wie eine zusätzliche Tasche oder ein Zipp - oft angeregt durch die Mitarbeiter selbst - werden laufend gemacht.

Die AUA hat ihre rote Uniform bereits 1969 eingeführt - damals im Trachtenlook mit rotkarierter Hemdbluse, einem Kostüm aus rotem Loden und einem roten Hubertusmantel. Die aktuelle AUA-Uniform ist seit 1996 im Einsatz, wobei 2003 im Zuge eines Markenrelaunches Halstuch und Krawatte in Blau neu eingeführt wurden. Die roten Strumpfhosen bleiben weiterhin ein Merkmal.

Die Westbahn will ihre Uniformen trotz Kritik nicht ändern: "Wir haben uns für Schiffchen als Kopfbedeckung entschieden, da Baseball-Kappen zu leger und die klassischen Schirmkappen zu konservativ wären. Schiffchen verwendet ja nicht nur die Armee - schon gar nicht nur im früheren Ostblock -, sondern auch Gastronomie und Polizei", sagt Westbahn-Sprecher Manfred Mader.